Mainz (epd). SWR-Intendant Kai Gniffke hat Fehler seines Senders beim Umgang mit der kurzfristig abgesetzten China-Dokumentation "Wuhan - Chronik eines Ausbruchs" eingeräumt, aber zugleich die Nutzung von Filmmaterial staatlicher chinesischer Organisationen verteidigt. "Bei uns waren Abläufe nicht optimal", sagte er am 26. Juni in Mainz. Nach Kritik an der Dokumentation habe der SWR kurzfristig Einblick in die Verträge zwischen der vom Sender beauftragten Produktionsfirma und dem chinesischen Informationsbüro CCIC nehmen wollen. Bis zum Vorabend der geplanten Ausstrahlung sei dies nicht gelungen.
Weil unklar gewesen sei, ob der SWR überhaupt alle nötigen Rechte zur Ausstrahlung des Beitrags besitze, habe er als Intendant entschieden: "Dieses Risiko ist mir zu hoch." Auf die Frage, ob mittlerweile alle Unklarheiten ausgeräumt seien und die Dokumentation über Chinas Kampf gegen die Coronavirus-Pandemie zu einem späteren Zeitpunkt gesendet werde, antwortete Gniffke ausweichend: "Wir sind im Prozess der Aufarbeitung." Im Rückblick habe der SWR sich zu spät dafür interessiert, ob es einen gültigen Vertrag der Produktionsfirma mit CCIC gab und ob dieser problematische Passagen enthielt. Eine solche Einsichtnahme sei normalerweise unüblich.
"Mehrfach auf Problematik hingewiesen"
Gniffke wies zugleich Vorwürfe zurück, der SWR hätte allein durch die Nutzung von Filmmaterial des CCIC chinesische Propaganda verbreitet. In dem Film werde mehrfach unmissverständlich auf die Problematik hingewiesen, dass Aufnahmen von einer staatlichen Stelle kämen: "Größer hätte der Hammer kaum noch sein können." Die Vorstellung, Fernsehberichterstattung aus Ländern wie China ausschließlich mit selbst gedrehtem Material zu bebildern, sei ohnehin unrealistisch. Auch andere führende TV-Sender griffen auf Aufnahmen von CCIC oder des chinesischen Staatsfernsehens zurück.
Die Dokumentation "Wuhan - Chronik eines Ausbruchs" hätte am 15. Juni in der Reihe "Story im Ersten" im ARD-Fernsehen gezeigt werden sollen. Eine Woche vor der Ausstrahlung hatte die "Süddeutsche Zeitung" dem für die Produktion verantwortlichen SWR vorgeworfen, CCIC-Material zu verwenden. Kurzzeitig war der Film bereits im virtuellen "Presse-Vorführraum" der ARD zu sehen gewesen.