In den Sommermonaten läuft das Fernsehen traditionell auf Sparflamme, Premieren eigenproduzierter Filme und Serien sind Mangelware. Das liegt nicht nur an der Ferienzeit: ARD und ZDF könnten es sich gar nicht leisten, auf den Fernsehfilmsendeplätzen jede Woche Erstausstrahlungen zu zeigen. Aber auch ein privates Programm wie Sat.1 muss seine Eigenproduktionen mehrmals wiederholen, bis die Werbeeinnahmen die Produktionskosten ausgleichen.

Deshalb zeigen die Sender in den nächsten Wochen - wie jeden Sommer - das Beste von gestern: "Ausgesuchte Produktionen, die bei der Erstausstrahlung besonders erfolgreich waren", sagt Andrea Wich, Leiterin der Programmplanung für das Erste. Sonntagskrimis zum Beispiel erreichten als erste Wiederholung mitunter mehr als sechs Millionen Zuschauer.

Bei der Auswahl der Filme spielen laut Florian Kumb, Leiter der ZDF-Programmplanung, mehrere Faktoren eine Rolle: "Ganz wichtig ist gerade im Sommer die Frage: Was passt zur Jahreszeit?" Das Ziel sei eine gute Mischung: "Dazu zählen einerseits Produktionen, die bei ihrer Premiere noch nicht ihr volles Potenzial ausgeschöpft haben. Kaum jemand hat alle Filme eines Jahres gesehen. Andererseits zeigen wir auch Publikumserfolge, von denen wir überzeugt sind, dass sie bei der Wiederholung ebenfalls gut funktionieren werden."

Spielfilmreihen

Als Beispiel nennt er "Mein Freund, das Ekel" (2019): "Die Komödie mit Dieter Hallervorden lebt von ihrer Situationskomik; solche Filme haben das Zeug zum Evergreen, weil man sie sich immer wieder anschauen kann."

Allerdings besteht das Sommerprogramm keineswegs nur aus Wiederholungen. Das Erste ersetzt die Werktags-Talkshows durch Dokumentarfilme und zeigt außerdem zwei Spielfilmreihen: Am 29. Juni eröffnet die Ehekomödie "Und wer nimmt den Hund?" mit Martina Gedeck und Ulrich Tukur das diesjährige "Sommerkino". Und ab 18. August folgt zum 20. Mal die Reihe "Filmdebüt im Ersten". Den Auftakt macht das vielfach ausgezeichnete Drama "Alles ist gut" aus dem Jahr 2018, in dem es um sexuelle Gewalt geht. Die deutschen Kinokoproduktionen beginnen allerdings erst um 22.45 Uhr.

Das ist immerhin etwas früher als die Sendetermine der ZDF-Reihe "Shooting Stars - Junges Kino im Zweiten": Sie beginnen ab 16. Juli jeweils um 23.15 Uhr; den Auftakt macht "Glück ist was für Weicheier", 2018 Eröffnungsfilm der Hofer Filmtage. Dabei könnten gerade ARD und ZDF den Sommer nutzen, um anspruchsvollen Werken um 20.15 Uhr ein größeres Publikum zu bescheren. Den Film "Der Mann aus dem Eis", einen Steinzeit-Western mit Jürgen Vogel, zeigt das ZDF gar erst um 23.45 Uhr.

Kumb sagt dazu: "Als Programmplaner ist man eine Mischung aus kühlem Rechner, Spürnase und Orakel, und in diesem Punkt prallen Wunsch und Wirklichkeit aufeinander. Einen kleinen Film montags um 20.15 Uhr zu zeigen, hieße, ihn ungeschützt einem starken Konkurrenzprogramm auszusetzen; er hätte keine Chance." Außerdem: Gerade jüngere Nutzer würden solche Angebote ohnehin unabhängig von der Sendezeit in der Mediathek nutzen.

Alte Wallace-Filme

Ältere Zuschauer fragen sich allerdings, warum ARD und ZDF nicht auch mal Klassiker aus ihrer Kindheit und Jugend wiederholen, etwa Rainer Werner Fassbinders Arbeiterserie "Acht Stunden sind kein Tag" (1972/73, WDR) oder die spannenden ZDF-Mehrteiler "Die Schatzinsel" (1966) und "Der Seewolf" (1971). Laut Kumb liegen die entsprechenden Rechte jedoch oft gar nicht mehr bei den Sendern.

Für das Erste kämen solche Produktionen laut Andrea Wich nicht infrage, weil sie sich "an eine sehr überschaubare Zielgruppe richten." Im Hauptprogramm habe man zudem den Anspruch, zeitgemäße Produktionen anzubieten. "Archivschätze" seien in den Dritten Programmen, in den Spartenprogrammen One (ARD) und ZDF Neo sowie bei den Kulturkanälen 3sat und Arte besser aufgehoben.

Tatsächlich zeigt 3sat dieses Jahr im "Krimisommer" neun alte Edgar-Wallace-Filme. Der BR wiederholt regelmäßig bayerische Kultserien, aktuell zum Beispiel "Die Hausmeisterin" (1987 bis 1992) mit Veronika Fitz und Helmut Fischer. MDR und ORB würdigen wöchentlich die "Polizeiruf"-Tradition des Fernsehens der DDR, und Arte bringt ohnehin immer wieder Schwarzweiß-Klassiker.

Die ARD hat sich für das diesjährige Jubiläum "50 Jahre Tatort" etwas Besonderes einfallen lassen: Bis Ende August können die Zuschauer selbst bestimmen, welche Krimis sonntags um 20.15 Uhr im Ersten wiederholt werden; die Abstimmung startet nach jeder Ausstrahlung wieder neu. Auch hier wird jedoch enttäuscht, wer auf Frühwerke aus der Geschichte der Traditionsreihe hofft. Zur Auswahl stehen die jeweils erfolgreichsten Episoden der einzelnen ARD-Sender (www.DasErste.de/tatort-voting), aber die ältesten Filme stammen aus dem Jahr 1999.

Man habe auf frühere Produktionen verzichtet, erläutert ein Sprecher der ARD-Programmdirektion, um jüngere Zuschauer nicht zu verschrecken. Tatsächlich dürften Menschen unter 30 den Mythos Schimanski (Götz George) allenfalls vom Hörensagen kennen. Die Erzählweise der Filme aus den 80er Jahren würden sie höchstwahrscheinlich als altbacken empfinden. Am ersten Septemberwochenende endet die Sommerpause, dann zeigen ARD und ZDF wieder neue Samstags- und Sonntagskrimis.