Nordrhein-Westfalen setzt im Kampf gegen Kinderpornografie im Internet und Kindesmissbrauch künftig auf Unterstützung durch die Zentral- und Ansprechstelle Cybercrime Nordrhein-Westfalen (ZAC NRW). Die Straftaten in diesem Bereich stellten eine große Herausforderung an die Justiz dar, weil die Auswertung der Beweismittel oft schwierig sei und unter hohem Zeitdruck stattfinden müsse, sagte NRW-Justizminister Peter Biesenbach (CDU) am 29. Juni in Düsseldorf. Deshalb habe man sich zur Gründung einer Task Force durch die ZAC NRW entschieden, die am 1. Juli ihre Arbeit aufnehmen soll.

Es gehe darum, die Strukturen und technischen Voraussetzungen bei den Ermittlungen zu optimieren und die Schnittstelle zwischen der technischen Auswertung und der Strafverfolgung zu verbessern, betonte der Minister. Damit schaffe man bundesweit eine "der ersten Gruppen" mit solch einer Vernetzung.

Dass sich im Zusammenhang mit dem Ermittlungskomplex Bergisch Gladbach Spuren auf bislang 30.000 unbekannte Tatverdächtige ergeben hätten, zeige, wie notwendig ein entschiedeneres Vorgehen gegen die Szene sei, betonte Biesenbach. Erschreckend sei zudem die "Selbstverständlichkeit", mit der sich Vertreter der Szene zum Teil auch in offen zugänglichen Bereichen des Internets über ihre Taten austauschten.

Oberstaatsanwalt Hartmann: "Intensiver Resonanzraum" von Tätern

Der Leiter des ZAC NRW, Oberstaatsanwalt Markus Hartmann erklärte, es gebe einen "intensiven Resonanzraum", in dem Teilnehmer andere Personen ausdrücklich dazu aufforderten, Kinder zu missbrauchen, oder ihnen Tipps gäben, wie Jungen und Mädchen mit Beruhigungsmitteln gefügig gemacht werden könnten. Dadurch würden die Hemmschwellen, sich an Kindern zu vergehen, deutlich gesenkt.

Bislang ist die ZAC NRW vornehmlich für die Bekämpfung von kriminellen Hackern, Cyberterroristen und Drogendealern zuständig. Seit Ende vergangenen Jahres ist sie auch in Ermittlungen zu Sexualstraftaten gegen Kinder eingebunden. Bei den Ermittlungen gehe es primär darum, Kindesmissbrauch zu entdecken und zu unterbinden, die Pseudonyme der Beteiligten zu entschlüsseln und Straftaten zu verfolgen, betonte Hartmann. Delikte wie Kinderpornografie träten dagegen zunächst in den Hintergrund - sofern es keine Hinweise darauf gebe, dass zur Produktion dieses Materials aktuell ein Kind missbraucht werde.

Laut Justizminister Biesenbach handelt es sich bei Kinderpornografie und Kindesmissbrauch um ein "sehr dynamisch sich entwickelndes und änderndes Deliktsphänomen". Neue technische Auswertungsmöglichkeiten etwa im Bereich der Künstlichen Intelligenz sollen die Möglichkeit schaffen, noch gezielter Hinweisen auf Kinderpornografie im Internet nachzugehen. In der zweiten Juli-Hälfte sollen nach Angaben des Ministers dazu Ergebnisse bekanntgegeben werden.

Vorratsdatenspeicherung gefordert

Zugleich unterstrich Biesenbach die Notwendigkeit, bei Ermittlungen die Verbindungsdaten von Tatverdächtigen vorübergehend speichern zu können. Diese Vorratsdatenspeicherung sei nötig, weil die bestehenden Instrumente zumeist nicht ausreichten, der Täter "habhaft" zu werden. Der Justizminister kündigte ein Gutachten an, das auf Grundlage aktueller Rechtsprechung den Handlungsspielraum ausloten soll. Dabei müsse geklärt werden, welche rechtlichen Möglichkeiten Ermittlungsbehörden im Kampf gegen Kindesmissbrauch eingeräumt werden kann. Bei der Verwaltung der Daten könnte auch ein "Treuhänder" eingesetzt werden, der den rechtsstaatlichen Umgang mit den von den Providern zur Verfügung gestellten Daten sichern soll.