"Fürst, was Sie sind, sind Sie durch Zufall und Geburt, was ich bin, bin ich durch mich." Diese Worte soll Ludwig van Beethoven (1770-1827) seinem Gönner Karl von Lichnowsky wütend ins Gesicht gesagt haben. War der gebürtige Bonner, der in Wien als einer der ersten freiberuflichen Komponisten arbeitete, also ein Freigeist und Republikaner? Dazu will freilich gar nicht passen, dass sich Beethoven auch immer wieder von Adeligen aushalten ließ. Wer also war dieser Beethoven, der sozusagen unvergessliche Welthits schrieb, wie das Klavierstück "Für Elise" oder die 9. Sinfonie, deren "Ode an die Freude" zur Europahymne wurde?

Bundeskunsthalle und Beethoven-Haus wollen zum Auftakt des Jubiläumsjahres mit Klischees rund um den Komponisten aufräumen, den fast jeder zu kennen glaubt. Die Ausstellungen in Bonn geben einen Eindruck von den zahlreichen Facetten eines genialen und manchmal auch widersprüchlichen Menschen: Beethoven zum Neuentdecken.

Mit 14 Jahren Hofmusiker

Unter dem Titel "Beethoven. Welt.Bürger.Musik" zeichnet die Bundeskunsthalle in einer umfassenden Schau den Lebensweg des Menschen und Künstlers nach. Zeitgleich eröffnet das frisch renovierte Beethoven-Haus seine neu gestaltete Dauerausstellung sowie eine Sonderschau über die Geschichte des berühmtesten Beethoven-Porträts von Joseph Stieler. Die beiden Sonderausstellungen, die bis zum 26. April zu sehen sind, starten genau ein Jahr vor Beethovens 250. Geburtstag: am 16. Dezember 2019.

Beethoven, der in Bonn geboren wurde und im Alter von 22 Jahren nach Wien übersiedelte, ist bis heute einer der weltweit meist gespielten Komponisten. Die Bundeskunsthalle hat rund 250 Exponate zusammengetragen, um das Leben und Schaffen des berühmten Künstlers sichtbar zu machen, darunter Original-Partituren, Briefe, Erstausgaben und Gemälde. Überall in der Ausstellung gibt es Hörstationen, an denen Besucher Beethoven musikalisch näherkommen können.

Die Schau startet mit einem Blick auf Beethovens Bonner Zeit. Der Komponist wurde in eine Musikerfamilie hineingeboren und stand bereits mit 14 Jahren als Hofmusiker in den Diensten des in Bonn residierenden Kurfürsten Maximilian Franz. Rund 70 seiner Werke entstanden in Bonn. Schon als Jugendlicher verstand es Beethoven, freundschaftliche Kontakte zu knüpfen, die zugleich seine Karriere förderten, etwa zur Bonner Adels-Familie von Breuning.

Das Klischee vom misanthropischen Beethoven, der zurückgezogen in seiner Kammer komponiert, lasse sich nicht aufrechterhalten, sagt Kuratorin Agnieszka Lulinska. "Beethoven verfügte auch in Wien über ein hervorragendes Netzwerk an Freunden und Gönnern." Neben Charakterschwächen, die auch immer wieder zu Zerwürfnissen führten, habe er sich auch als liebenswerter und treuer Freund gezeigt.

"Ein Popstar"

Beethoven war zudem mitnichten ein verkannter Künstler. "Schon zu Lebzeiten war er ein Popstar", sagt Ko-Kuratorin Julia Ronge. In Wien hatte er schnell Karriere gemacht und verdiente auch gut am Verkauf seiner Werke an Verlage. Allerdings sei er praktisch permanent krank gewesen, sagt Lulinska. Ein besonders schwerer Schicksalsschlag war Beethovens zunehmende Ertaubung, die ihn 1802 in eine tiefe Depression stürzte. Die Ausstellung dokumentiert die teils haarsträubenden medizinischen Kuren, die Beethoven an sich vornehmen lässt, um geheilt zu werden.

Die "Schicksals-Sinfonie" Nr. 5 ist die musikalische Überwindung von Beethovens Lebenskrise. Danach komponiert er mehr als je zuvor. Die Ausstellung widmet sich nicht nur diesem Stück, sondern nimmt auch andere ausgewählte Schlüsselwerke unter die Lupe, darunter die 3. Sinfonie (Eroica) oder die "Missa Solemnis".

Die Bundeskunsthalle präsentiert auch das berühmte Beethoven-Porträt von Joseph Stieler. Die Geschichte dieses Bildes, das die Beethoven-Rezeption entscheidend geprägt hatte, thematisiert unterdessen die Ausstellung "In bester Gesellschaft. Joseph Stielers Beethoven-Porträt und seine Geschichte" im Beethoven-Haus. Dort ist das an die Bundeskunsthalle ausgeliehene Bild normalerweise zu Hause. Die Schau zeigt unter anderem original Konversationsbücher des ertaubten Beethoven, die die Entstehung des Bildes dokumentieren. Präsentiert werden weitere Porträts berühmter Persönlichkeiten, die sich von Stieler malen ließen - wie etwa Johann Wolfgang von Goethe oder der Bayern-König Ludwig I.

Das Museum in Beethovens-Geburtshaus, das weltweit über die größte Beethoven-Sammlung verfügt, wurde anlässlich des Jubiläumsjahres renoviert und erweitert. Es bietet nun unter anderem einen neuen Sonderausstellungsbereich sowie eine "Schatzkammer" im Kellergewölbe, die wertvolle Originalmanuskripte des Komponisten zeigt.