Die Journalistin und ARD-Moderatorin Anja Reschke warnt vor den Gefahren durch den immer wieder erhobenen "Lügenpresse"-Vorwurf für die Demokratie. "Wenn Sie nur ein Körnchen davon glauben, machen Sie sich zum Gehilfen derjenigen, die ein anderes Land wollen", sagte Reschke am 10. November im saarländischen Homburg. Dort erhielt sie den mit 10.000 Euro dotierten Siebenpfeiffer-Preis. Der "Lügenpresse"-Vorwurf sei ein "Gift", das in kleinen Dosen eingeträufelt werde, betonte Reschke.

Gleichzeitig forderte Reschke die Medienkompetenz nicht nur der Schüler, sondern aller in der Gesellschaft zu stärken. Wenn jemand eine Reise buche oder ein technisches Gerät kaufen wolle, gehe er oft nicht mehr einfach ins Reisebüro oder Geschäft, sondern beschäftige sich erst stundenlang damit im Internet. Dies müsse auch für politische Nachrichten gelten. "Journalisten sind dabei ihre Rolle als 'Gatekeeper' zu verlieren", sagte Reschke.

Plädoyer für Pressefreiheit

Als Laudatorin kritisierte die frühere Fernseh-Chefredakteurin beim WDR, Sonia Seymour Mikich, dass rechte AfD-Politiker nicht nur im Netz sondern auch in Fernseh-Talkshows eine Plattform bekämen, Lügen zu verbreiten. "Objektiv heißt nicht neutral", sagte sie. "Meine Zeit der Dialogbereitschaft ist vorbei."

Sie verwies auf eine Studie des US-amerikanischen Massachusetts Institute of Technology (MIT), wonach die Wahrscheinlichkeit für die Verbreitung von Fake News um 70 Prozent höher sei als für weniger spektakuläre aber wahre Geschichten. Alle Behauptungen müssten immer wieder hinterfragt werden. "Man geht immer dahin, wo die eigene Meinung bestätigt wird", betonte sie. Das gelte auch für Journalisten. Es sei wichtig alle Geschichten immer aus einer anderen Perspektive zu beleuchten, auch wenn das unbequem sei.

Der Juryvorsitzende und Intendant des Saarländischen Rundfunks (SR), Thomas Kleist, erklärte, Reschke sei eine Kämpferin gegen die moderne Form der Zensur, die Bedrohung der Pressefreiheit durch "Hater" und Trolle im Internet. Reschke hatte inmitten der aufgewühlten Stimmung im Zusammenhang mit der Flüchtlingspolitik 2015 in einem Kommentar einen "Aufstand der Anständigen" gegen die Anfeindungen Rechtsextremer gefordert. Daraufhin erhielt sie Hasskommentare im Netz.

Den Preis der Siebenpfeiffer-Stiftung gibt es seit 1989. Mit ihm werden alle zwei Jahre Journalisten ausgezeichnet, die sich "für die freiheitlichen Grundrechte und die demokratischen Grundwerte in herausragender Weise engagieren" ohne auf ihre Karriere Rücksicht zu nehmen. Zu den bisherigen Preisträgern gehören unter anderem Can Dündar, Peter Scholl-Latour, Glenn Greenwald und Günter Wallraff.

Philipp Jakob Siebenpfeiffer (1789-1845) war der erste Landcommissär des ehemaligen Landkreises Homburg. Als seine politischen Reformvorschläge bei Regierung und bayerischem König kein Gehör fanden, prangerte er die Defizite in der Presse an. Dieses journalistische Engagement kostete ihn sein Amt, seine soziale Sicherheit und später seine Freiheit.