In den meisten deutschen Medienhäusern haben immer noch Männer das Sagen. So betrage der Frauenanteil in den Chefredaktionen der größeren Lokalzeitungen lediglich 10,2 Prozent, heißt es in einer Studie, die der Verein ProQuote am 7. November in Hamburg vorstellte. Ausgewogene Machtverhältnisse wurden lediglich bei den Publikumszeitschriften ermittelt. Auch bei den 100 reichweitenstärksten Onlinemedien beträgt der Frauenanteil in den Führungspositionen lediglich 30 Prozent. Für eine kreative und innovative Firmenkultur seien gemischte Führungsteams unerlässlich, sagte Julia Jäkel, Verlagsvorstand von Gruner+Jahr.

Bei den zehn größten überregionalen Tageszeitungen ermittelte die Studie einen Frauenmachtanteil in den Redaktionen von 25,1 Prozent. Dabei wurden die Führungspersonen in den Chefredaktionen anhand ihrer Position unterschiedlich gewichtet. So kommt die "taz" auf einen gewichteten Frauenanteil von 50,8 Prozent und die "Süddeutsche Zeitung" auf 32,1 Prozent. "Frankfurter Allgemeine Zeitung", "Handelsblatt" und "Welt" liegen zwischen 16,1 und 18,1 Prozent.

Große Streuung

Bei den 66 untersuchten Publikumszeitschriften ist mit einem Frauenanteil von 48,9 Prozent die Parität fast erreicht. Die Streuung ist allerdings groß und reicht von 9,1 Prozent bei den drei Springer-Titeln "Auto Bild", "Computer Bild" und "Sport Bild" bis zu 100 Prozent bei den Klambt-Heften "Für Sie" und "vital".

Bei den 100 reichweitenstärksten Onlinemedien beträgt der Frauenanteil in den Führungspositionen 30 Prozent. Betrachtet man nur die reinen Onlinemedien, so liegt er bei 36,1 Prozent. In den Onlineredaktionen der traditionellen Medien fällt er mit 27 Prozent deutlich geringer aus. Auch hier ist die Spannbreite groß. Websites, die sich vornehmlich an Frauen wenden, werden mehrheitlich von Chefredakteurinnen geleitet.

Bei den Nachrichtenagenturen kommt der Marktführer Deutsche Presse-Agentur (dpa) auf einen gewichteten Frauenanteil von 41,7 Prozent in der Führungsebene. Für Agence France-Press (AFP) und Thomson Reuters wurden 33,3 Prozent ermittelt. Die Katholische Nachrichten-Agentur (KNA) kommt auf 17,6 Prozent, der Evangelische Pressedienst (epd) auf 16,1 Prozent.

"Aufgaben aus unterschiedlichen Richtungen betrachten"

Jäkel sagte, für die aktuelle Umstrukturierung der Medienhäuser seien Teams mit Vielfalt notwendig, die die Aufgaben aus unterschiedlichen Richtungen betrachten. Die Atmosphäre, die Sprache und selbst die Weihnachtsfeier seien wichtig, damit Frauen sich einbringen. Das komme am Ende auch Männern zugute. Ohne Druck würden Männer keine Macht abgeben, sagte Marion Horn, Chefredakteurin der "Bild am Sonntag". Heute könne sich "kein Unternehmen von Verstand" noch eine Monokultur leisten.

Der 2012 gegründete Verein ProQuote untersucht das Geschlechterverhältnis in den Schaltstellen der Medienbranche. Vor einem Jahr wurde eine erste Studie mit Frauenquoten in den Rundfunkhäusern vorgestellt. Dabei wurde für den öffentlich-rechtlichen Bereich ein durchschnittlicher Frauenmachtanteil von 37,7 Prozent ermittelt. Für den privaten Rundfunk wurde der Anteil auf 20 bis 30 Prozent geschätzt. Dem Erhebungen liegen die Auswertung von Impressumsangaben sowie teils weitere Recherchen und Nachfragen in den Medienhäusern zugrunde.