Mehr als 10.000 Menschen haben am 9. November in Bielefeld gegen Rechtsextremismus demonstriert. Laut Bielefelds Oberbürgermeister Pit Clausen (SPD) nahmen 15.000 Menschen an den Protesten des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts teil, die Polizei zählte 14.000. Ein Polizeisprecher erklärte, er sei positiv überrascht, wie viele Menschen mobilisiert worden seien. Während der Demonstration ist es laut Polizei nur zu wenigen Zwischenfällen gekommen. Sie war mit über 1.000 Beamten aus ganz NRW vor Ort.

Das Bielefelder Bündnis gegen Rechts hatte unter dem Motto "Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen" zu den Protesten gegen eine Kundgebung der Partei "Die Rechte" für die verurteilte Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck aufgerufen. Dort zählte die Polizei den Angaben zufolge ungefähr 230 Teilnehmer. Bei einer Zwischenkundgebung "Der Rechten" habe es einzelne Beschwerden über Redeinhalte der Redner gegeben, teilte die Polizei mit. Sie gehe den Hinweisen derzeit nach und prüfe, ob strafbare Inhalte vorlägen.

Das Bielefelder Bündnis gegen Rechts ist ein Zusammenschluss von Gruppen aus Politik, Kirchen und Vereinen. So hatte sich auch der Fußballverein Arminia Bielefeld angeschlossen und erklärt, die Protestveranstaltungen seien eine "ausgezeichnete Gelegenheit", um die Werte des Vereins zu verteidigen.

Drei Demonstrationszüge, Mahnwachen, Fahrradkorso

Die Gegendemonstranten versammelten sich an verschiedenen Orte in der Stadt und zogen durch die Innenstadt zum Landgericht. Die Proteste beinhalteten unter anderem eine Menschenkette und einen Fahrradkorso. Zudem gab es noch eine Mahnwache am Ort der ehemaligen Synagoge, die Nationalsozialisten bei den Novemberpogromen 1938 niederbrannten.

Bielefelds Oberbürgermeister Clausen erklärte, dass Populisten wieder Mauern bauen wollten. "Doch wir setzen nach der Erfahrung des Krieges auf Miteinander und Mitgefühl", sagte er bei einer der Kundgebungen des Bielefelder Bündnisses gegen Rechts. Jeder Mensch verdiene Respekt und habe Würde. "Das ist unsere DNA und macht uns aus", betonte Clausen. Zudem bedankte er sich bei der Polizei für den Schutz der Demonstrationen.

NRW-Landtagspräsident André Kuper: Protest wichtig

NRW-Landtagspräsident André Kuper nahm ebenfalls an den Demonstrationen teil. Auf dem Bielefelder Jahnplatz unterstrich er die Bedeutung der Proteste: "Die große Mehrheit unserer Gesellschaft und die Mehrheit der Vertreter der Parteien und Verbände in unserem Land, und alle, die heute hier sind, wissen: Der 9. November ist der Tag der Wiedervereinigung und der Tag, an dem unser ganzes Land fassungslos und beschämt an die Verbrechen der Nazis erinnert", sagte er laut Redemanuskript.

Die Bielefelder Polizei zeigte sich insgesamt zufrieden mit dem Verlauf der Demonstrationen. Insgesamt seien elf Menschen in Gewahrsam genommen und 14 Strafverfahren eingeleitet worden - in mehreren Fällen wegen Verstoßes gegen das Vermummungsgebot. "Das Konzept der Polizei, ein Aufeinandertreffen gegnerischer Gruppierungen zu verhindern, um einen störungsfreien Verlauf der Versammlungen zur gewährleisten, ging auf", teilte sie mit.

Die Demonstration der "Rechten" fand einen Tag nach dem 91. Geburtstag der mehrfach verurteilten Holocaust-Leugnerin Ursula Haverbeck statt. Sie sitzt wegen Volksverhetzung eine Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt Bielefeld ab. Das Motto lautete "Mit 91 Jahren in den Knast! Freiheit für Ursula Haverbeck! Für echte Meinungsfreiheit".

Die Polizei in Bielefeld hatte zwar grundsätzlich eine Demonstration erlaubt, aber aufgrund des Gedenkens an die Novemberpogrome ursprünglich als Auflage gefordert, dass die Partei einen anderen Veranstaltungstag wählen solle. Das Verwaltungsgericht Minden hatte dagegen am 30. September in einem Eilverfahren die rechte Kundgebung für den 9. November erlaubt (AZ: 11 L 886/19).