Mit einer großen Hinweistafel in kräftigem Orange an der Außenfassade weist das Museum Folkwang auf die neue Sonderausstellung "Nancy Spero" hin. Auf einen erklärenden Ausstellungstitel sei bewusst verzichtet worden, sagte Kurator Tobias Burg. Es solle Nancy Spero (1926-2009) entdeckt werden und die unangepasste US-amerikanische Künstlerin lasse sich nicht unter bestimmten Aspekten einordnen.

Spero setze sich mit existenziellen Aspekte des Menschseins auseinander, hieß es zum Start der Schau am 7. Juni. In ihrem Werk gehe es um Krieg und Gewalt, aber auch um Ungerechtigkeiten im Verhältnis der Geschlechter. In ihrem chronologischen Aufbau greift die Ausstellung die Entwicklung der thematischen und werkgeschichtlichen Phasen Speros auf.

In ihrem Selbstverständnis als Aktivistin und politische Künstlerin habe sie Kunst als Mittel in der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung verstanden, sagte Burg. Dass Spero nicht die von ihr gewünschte Aufmerksamkeit erhalten habe, sieht der Kurator in ihrem "antizyklischen Arbeiten" begründet: "Das macht es schwer, beachtet zu werden." Entgegen der in ihrer Zeit vorherrschenden Richtungen abstrakter Expressionismus, Minimalismus und Pop-Art habe Spero auf eigene Ausdrucksformen gesetzt und vielfach subversive Darstellungen verwendet. Ihre Arbeiten hätten immer wieder autobiografische Elemente.

"Black Paintings" aus Pariser Jahren

Die erste Ausstellungsabteilung zeigt ihre während ihrer Jahre in Paris 1959 bis 1964 gemalten großformatigen, expressiven "Black Paintings" mit Motiven zwischenmenschlicher Nähe. Verstörend wirken dabei die dunklen Farben, die sich in derben Alptraumwesen verdichten. Zurückgekehrt nach Amerika in der Zeit des Vietnamkriegs wird das Thema Krieg bei Spero bestimmend. Es findet in den "War Series" 1966 bis 1970 ihren Niederschlag, die bis in eine aggressive und von Zorn im Ausdruck bestimmte Anklage hineinreichen.

In der Auseinandersetzung mit Texten des französischen Dramatikers und Erfinders des "Theaters der Grausamkeit", Antonin Artaud (1896-1948), entstehen zwischen 1969 und 1973 zwei Werkgruppen mit bedrohlichen, figurativen Motiven. Diese "Artaud Paintings" und den "Codex Artaud" kombiniert die Ausstellung mit Zitaten des Theatertheoretikers.

In Speros künstlerischem Schaffen wird die Frage nach der Stellung von Frauen in der Gesellschaft immer wichtiger. Sie beteiligt sich an Aktionen der Frauenbewegung und ist Mitbegründerin der New Yorker A.I.R. Gallery, die nur Werke von Künstlerinnen ausstellt. Aus Protest gegen die von männlichen Kollegen dominierte Kunstwelt tauscht sie die von diesen verwendete Leinwand gegen den Malgrund Papier ein. Ab 1972 bildet Spero nun noch Frauen in ihren Werken ab. Unter anderem entstehen große waagerecht ausgerichtete Papierstreifen, auf denen sie 1976 in "Torture of Women" (Folter von Frauen) Berichte und Bilder der Mythologie und Zeitgeschichte miteinander verbindet und verdichtet.

In den 1980er Jahren verlagert sich der Schwerpunkt ihres Schaffens. Das zeigt die Ausstellung mit den nunmehr durch kräftige Farben geprägten anderen Frauenbildern. Entnommen aus Mythologie, Zeitgeschichte, Mode und Werbung wird die Typik lebhaft und zum selbstbewussten Defilee von "Göttinnen und Tänzerinnen". Die Verwendung von Figurenstempeln bringt einen damit technisch zwangsläufigen und inhaltlich gewollten Schematismus hervor. Während Spero in ihren früheren Arbeiten maskuline Bildnisse als pauschalen Code für das Böse verwendete und Frauen in der Opferrolle zeigte, erscheinen ihre Figuren nun in selbstbestimmter Weiblichkeit.

Gezeigt wird die große Überblicksausstellung mit 75 Werken im Museum Folkwang bis zum 25. August. Anschließend wandert sie weiter in drei skandinavische Museen in Schweden, Dänemark und Norwegen.