Der Stardirigent und Pianist Daniel Barenboim bleibt auch in den kommenden Jahren an der Spitze der Berliner Staatsoper. Der bis 2022 laufende Vertrag mit dem 76-Jährigen werde um weitere fünf Jahre verlängert, teilte Kultursenator Klaus Lederer (Linke) am 4. Juni mit. Barenboim leitet seit 1992 die Staatsoper. Die Staatskapelle Berlin hat ihn bereits zum Chefdirigenten auf Lebenszeit ernannt. Über die Weiterführung des Vertrags hatte zuletzt Unklarheit geherrscht, nachdem Orchestermusiker Barenboim einen autoritären Führungsstil vorgeworfen hatten.

"Daniel Barenboim ist ein Ausnahmekünstler, dem die Musikwelt und die Stadt Berlin viel zu verdanken hat", betonte Lederer. Es gebe keinen Grund für eine Umbesetzung. Die endgültige Entscheidung für die Vertragsverlängerung sei am Vortag gefallen.

Vorwürfe zurückgewiesen

Barenboim drückte seine Freude über die Entscheidung aus. Zugleich betonte er: "Wenn meine Kräfte nachlassen, werde ich sofort gehen." Er wolle nicht aus Loyalität als Reliquie am Orchester verbleiben, denn es gehe um etwas "sehr Wichtiges", sagte der Musiker mit Blick auf die fast 450-jährige Geschichte der Staatskapelle Berlin. Das Ensemble gilt als eines der traditionsreichen Orchester der Welt. Die Staatskapelle residiert seit 1742 in der Staatsoper Unter den Linden. Das Sinfonieorchester spielt außerdem Opern und Ballettaufführungen.

Orchestermusiker hatten Barenboim im Frühjahr Machtmissbrauch und einen autoritären Führungsstil vorgeworfen. Der Musiker hatte die Vorwürfe zurückgewiesen. Auch am 4. Juni erklärte Barenboim, was der Dirigent tue, sei für viele ein großes Fragezeichen. Ein großer Teil der Arbeit passiere in der Probe. "Der Dirigent muss eine kollektive Lunge des Orchesters schaffen." Das gesamte Orchester müsse gemeinsam atmen. Natürlich gebe es Musiker, die traurig seien, wenn sie gesagt bekommen, sie sollten nicht so laut spielen. "Aber das ist unwichtig. Die Hauptsache ist, dass am Ende des Prozesses es für alle hörbar ist, warum der Dirigent unterbrochen hat", sagte Barenboim.

Künstlerischer Anspruch

Kultursenator Lederer betonte, die gegen den Musiker erhobenen Vorwürfe seien nicht rechtlich relevant gewesen. Die Vertreterin des Orchestervorstandes der Staatsoper, Susanne Schergaut, erklärte zudem, die Gespräche seien intensiver und offener geworden. Wichtig sei dem Ensemble, dass die Arbeitsatmosphäre gut ist "und dass der künstlerische Anspruch im Mittelpunkt steht", sagte Schergaut.

Daniel Barenboim wurde am 15. November 1942 in Buenos Aires geboren. Seine Eltern waren Kinder russisch-jüdischer Auswanderer nach Argentinien und ebenfalls als Musiker und Pädagogen tätig. Barenboim besitzt die spanische, argentinische, israelische und palästinensische Staatsangehörigkeit. Er studierte Klavier bei seinem Vater.

Internationales Ansehen erlangte er unter anderem durch Auftritte an führenden Häusern auf der ganzen Welt. Zudem gründete er 1999 mit dem palästinensisch-amerikanischen Kulturkritiker Edward Said das West-Eastern Divan Orchestra. Das Ensemble besteht aus jungen Musikern aus dem Nahen Osten, darunter aus Israel, Palästina, Ägypten, Syrien und Jordanien. Damit sollte ein Zeichen für eine friedliche Lösung des Konflikts zwischen Israelis und Palästinensern gesetzt werden, die auf Dialog, Respekt und gegenseitigem Verständnis basiert. Für seine musikalische und humanitäre Arbeit wurden Barenboim zahlreiche Auszeichnungen und Ehrungen zuteil.