Wer die Mark Brandenburg bereisen will, muss Liebe zu Land und Leuten mitbringen, das Gute gut finden und kritische Vergleiche meiden, empfiehlt Theodor Fontane (1819-1898) gleich im Vorwort zu seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Im Jubiläumsjahr zum 200. Geburtstag des Schriftstellers rückt eine Ausstellung im Potsdamer Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte nun sein Hauptwerk in den Blick, an dem er mehr als 30 Jahre immer wieder arbeitete. Sie ist bis zum 200. Geburtstag Fontanes am 30. Dezember zu sehen.

Gleich zu Beginn räumt die Ausstellung mit einem Klischee auf: In der Gewölbehalle des historischen Kutschstalls am Potsdamer Neuen Markt stehen die Besucher vor Modellen von Pferdeomnibussen, Dampfschiffen und einer Eisenbahn. Auch eine große Kutsche beweist: Gewandert ist Fontane eher selten.

"Da er Journalist war, wenig Zeit und materielle Mittel besaß, kombinierte er alle Verkehrsmittel seiner Zeit, um möglichst sinnvoll viele Orte zu verbinden", erklärt Kuratorin Christiane Barz. Die Fontane-Ausstellung mit dem Titel "Bilder und Geschichten" folgt dem "märkischen Wanderer" auf seinen Erkundungstouren durch das Land.

Einblick in die Notizbücher

Neben der den Romanen und Gedichten gewidmeten Leitausstellung in Neuruppin, der Geburtsstadt des Schriftstellers, ist die Ausstellung im Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte in Potsdam die zweite große Station im Jubiläumsprogramm "fontane.200" des Landes Brandenburg. Mit rund 300 Exponaten lädt sie dazu ein, den reisenden Geschichtensammler und die Methoden kennenzulernen, mit denen Fontane sich die Mark als Erzählraum eroberte.

Ein Großfoto zeigt Fontane mit Globus und Federkiel, wie er sich am Schreibtisch in Berlin inszenierte. Von dort fällt der Blick auf eine lange Reihe von Vitrinen und Medientischen in der Mittelachse der Halle, eine imaginäre Fortsetzung des Schreibtischs. Sechs originale Notizbücher geben Einblicke in seine Arbeitsweise. Sie dokumentieren kurze Gedanken in krakeliger Schrift während der Kutschfahrt, großzügig mit Bleistift und eingestreuten Skizzen notierte Beobachtungen in einer Kirche, säuberlich mit Tinte gefertigte Abschriften aus Chroniken und Kirchenbüchern.

Aus diesem Rohmaterial baute der Schriftsteller Texte, die zunächst in Zeitschriften und erst dann in Buchform erschienen sind. Bis zu seinem Tod 1898 in Berlin, das belegen Arbeitsmappen, sammelte er Material, um die Neuausgaben des erfolgreichen Werks zu aktualisieren.

In den Seitenkabinetten der Ausstellung machen ausgewählte Orte deutlich, wo Fontane recherchierte, wen er befragte und wie er seine eigenen Geschichten daraus baute. Etwa am Beispiel Küstrin, wo Friedrich der Große als Kronprinz nach dem gescheiterten Fluchtversuch mit seinem Freund Katte dessen Enthauptung mit ansehen musste.

Geschichtsbuch und Reiseführer

Fontane, anders als die Geschichtsschreiber der Zeit, konzentriert sich ganz auf Kattes Tragödie. Das Porträt, das die Kuratorin in Privatbesitz aufstöberte, kannte er nur über eine Abbildung, es diente ihm zur Erforschung der Person. In Küstrin rekonstruierte er mit Skizzen Kattes letzten Gang zur Richtstätte. Neben dem Richtschwert ist auch ein Abguss des Schädels von Katte in der Ausstellung zu sehen, den Fontane in der Familiengruft im havelländischen Wust selbst in die Hand genommen hat.

Mit diesen Schlaglichtern auf die Orte räumt die Ausstellung auch mit der bis heute verbreiteten Vorstellung auf, die "Wanderungen" könne man als Geschichtsbuch oder Reiseführer lesen. Dagegen wehrte sich bereits Fontane vergeblich. "Wir folgen Fontanes Methode, sich diesem Raum literarisch anzunähern", betont Kuratorin Christiane Barz. Auch wenn heute viele Schlösser abgerissen sind und Fontane in manchem Urteil irrt: In der Potsdamer Ausstellung lassen sich die "Wanderungen" als literarische Erkundung der Mark Brandenburg entdecken. Darin liegt ihr Wert bis heute.