Die beiden in Myanmar inhaftierten Journalisten der Nachrichtenagentur Reuters sind nach mehr als 500 Tagen in Haft freigelassen worden. Die Reporter Wa Lone (33) und Kyaw Soe Oo (29) verließen am 7. Mai umringt von Unterstützern und weiteren Medienvertretern das Gefängnis, wie Reuters mitteilte. Die beiden waren im September 2018 wegen Verrats von Staatsgeheimnissen zu je sieben Jahren Haft verurteilt worden. Sie kamen im Zuge einer staatlichen Amnestie für insgesamt mehr als 6.000 Gefangene frei. Noch Ende April hatte das Oberste Gericht eine Revision der Journalisten gegen ihre Gefängnisstrafe abgelehnt.  

Er sei wirklich glücklich und begeistert, seine Familie und Kollegen wiederzusehen, sagte Wa Lone beim Verlassen des Insein-Gefängnisses in der früheren Hauptstadt Rangun. Auch danke er allen, die sich für seine Freilassung und die seines Kollegen eingesetzt hätten. Reuters-Chefredakteur Stephen J. Adler erklärte, man freue sich riesig, "dass Myanmar unsere mutigen Reporter Wa Lone und Kyaw Soe Oo freigelassen hat". Seit ihrer Verhaftung vor 511 Tagen seien sie zu Symbolen der Wichtigkeit von Pressefreiheit weltweit geworden. UN-Generalsekretär António Guterres habe sich ebenfalls erleichtert über die Freilassung gezeigt, sagte dessen Sprecher.

Wa Lone und Kyaw Soe Oo waren im Dezember 2017 bei Recherchen über ein Massaker an Angehörigen der muslimischen Rohingya-Volksgruppe verhaftet worden. Ihnen wurde vorgeworfen, Geheimdokumente und eine Karte des Staates Rakhine im Westen von Myanmar bei sich gehabt zu haben. Von dort flohen wegen einer brutalen Militäroffensive Ende August 2017 mehr als 700.000 Rohingya nach Bangladesch.

"Justiz-Farce"

Der Vize-Asienchef von Human Rights Watch, Phil Robertson, erklärte, die beiden mutigen investigativen Journalisten hätten erst gar nicht verhaftet oder gar eingesperrt werden dürfen. Zugleich verwies er darauf, dass die Krise der Pressefreiheit in dem südostasiatischen Land nicht vorbei sei: Dutzende weitere Journalisten und Blogger sähen sich mit grundlosen Anklagen wegen ihrer Berichterstattung über Militär oder Regierung konfrontiert.

"Dass diese tragische Justiz-Farce endlich ein Ende hat, ist seit langem die erste gute Nachricht für die Pressefreiheit in Myanmar", sagte der Geschäftsführer der deutschen Sektion von Reporter ohne Grenzen, Christian Mihr. Der Prozess gegen die beiden Reporter sei ein Testfall für Demokratie und Rechtsstaatlichkeit gewesen. "Und Myanmars Institutionen haben den Test nicht bestanden."

Ähnlich äußerte sich Amnesty International. Es sei Realität, dass Myanmar eine Reihe repressiver Gesetze beibehalte, um Journalisten, Aktivisten und andere mutmaßliche Kritiker zu inhaftieren, erklärte der Regionalchef für Ost- und Südostasien, Nicholas Bequelin. Der Vorsitzende der Organisation der Burmesischen Rohingya in Großbritannien, Tun Khin, sagte, es gehörten diejenigen hinter Gitter, die den Völkermord an den Rohingya zu verantworten hätten und nicht die, die geholfen hätten, ihn aufzudecken.

Das Gesetz gegen Geheimnisverrat in Myanmar stammt noch aus der britischen Kolonialzeit. Im Prozess hatte ein Polizist ausgesagt, Wa Lone und Kyaw Soe Oo seien in eine Falle gelockt worden. Ein Vorgesetzter habe die Übergabe der Dokumente lanciert, um sie unter diesem Vorwand festzunehmen. Die beiden Reporter erhielten für ihre Recherchen den Pulitzer-Preis.