Ein Kirchenaustritt aus Gewissensgründen hat für Beschäftigte eines katholischen Arbeitgebers arbeitsrechtliche Folgen. Auch die Wiederheirat eines in einem katholischen Krankenhaus arbeitenden katholischen Chefarztes gilt dem kirchlichen Arbeitgeber als nicht hinnehmbar. Die Kirchen haben nach dem Grundgesetz ein Selbstbestimmungsrecht und dürfen in ihrem kirchlichen Arbeitsrecht schwere Verletzungen gegen die kirchlichen Loyalitätspflichten mit Kündigungen ahnden.

In der katholischen Kirche hat die Deutsche Bischofskonferenz in ihrer Grundordnung des kirchlichen Dienstes die Pflichten der Beschäftigten festgelegt. Danach müssen Arbeitnehmer zwar nicht zwingend der katholischen Kirche angehören. Doch müssen sie die "Eigenart des kirchlichen Dienstes" bejahen. "Für keinen Dienst in der Kirche geeignet ist, wer sich kirchenfeindlich betätigt oder aus der katholischen Kirche ausgetreten ist", heißt es in der Grundordnung.

Dazu gehört das öffentliche Eintreten gegen Grundsätze der katholischen Kirche wie die Propagierung von Abtreibung oder Fremdenhass. Auch das Verhöhnen von katholischen Glaubensinhalten, Riten oder Gebräuchen sowie öffentliche Gotteslästerung können bei allen Mitarbeitern arbeitsrechtliche Konsequenzen haben.

Strengerer Maßstab

Für katholische Beschäftigte gilt ein strengerer Maßstab als für Nicht-Katholiken. Sie müssen die Grundsätze der katholischen Glaubens- und Sittenlehre beachten. Nicht-katholische christliche Mitarbeiter müssen sich an die Werte des Evangeliums halten, nicht-christliche Beschäftigte müssen bei ihrem katholischen Arbeitgeber ihre Aufgaben "im Sinne der Kirche" erfüllen.

Gegen die unterschiedliche Behandlung von katholischen und nicht-katholischen Mitarbeitern hat sich ein Chefarzt erfolgreich gewehrt. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) in Erfurt erklärte am Mittwoch die Kündigung für unwirksam, die der Arzt nach der Scheidung von seiner ersten Ehefrau und der standesamtlichen Heirat mit seiner neuen Partnerin erhalten hatte.

Zuvor hatte etwa das Landessozialgericht (LSG) Baden-Württemberg im Oktober 2011 zu einem gekündigten Krankenpfleger geurteilt, jemand handele illoyal, der sich in einer Satire im Internet mit polemischen und "auf niedrigem Niveau angesiedelten Äußerungen gegen den Papst als Oberhaupt der katholischen Kirche" auslasse. (AZ: L 12 AL 2879/09) Der Krankenpfleger hatte in einem Krankenhaus der Caritas gearbeitet und sich negativ über den Papst geäußert. Damit habe er seine Kündigung "grob fahrlässig" herbeigeführt, so dass gegen ihn außerdem eine zwölfwöchige Sperrzeit auf das Arbeitslosengeld verhängt werden kann, befand das LSG.

Loyalitätsverstoß

Auch die im Grundgesetz geschützte Gewissensfreiheit schützt bei einem Loyalitätsverstoß nicht unbedingt vor einer Kündigung. So wurde einem bei der Caritas beschäftigten Sozialpädagogen zu Recht wegen seines Kirchenaustritts gekündigt, wie im April 2013 das BAG in Erfurt urteilte. (AZ: 2 AZR 579/12)

Der Mann war wegen der zahlreichen Missbrauchsfälle in katholischen Einrichtungen aus der katholischen Kirche ausgetreten. Er stieß sich zudem an den Vorgängen der erzkonservativen Pius-Bruderschaft und deren "antijudaische Tradition". Aus Glaubens- und Gewissensgründen könne er der katholischen Kirche daher nicht mehr angehören, erklärte er. Seinen Caritas-Job in einem Sozialen Zentrum im Raum Mannheim wollte er dennoch behalten.

Doch der Mann habe im "verkündungsnahen Bereich" gearbeitet und damit am Sendungsauftrag der katholischen Kirche teilgenommen, stellte das BAG klar. Mit seinem Kirchenaustritt habe er sich "insgesamt von der katholischen Glaubensgemeinschaft" losgesagt. Damit habe der Sozialpädagoge seine arbeitsvertraglichen Loyalitätspflichten verletzt, so dass die fristlose Kündigung des Beschäftigten gerechtfertigt war. Eine unzulässige Diskriminierung wegen des Glaubens liege darin nicht, erklärte das BAG.