Wer krank wird und zum Arzt geht, verlässt die Praxis heute noch mit einem rosafarbenen Rezept – in Zukunft könnte sich das ändern und das eigene Smartphone das Papier ersetzen: Geht es nach dem Willen der Techniker Krankenkasse, kann ein Arzt einem Patienten dessen Rezept in Zukunft dorthin senden, als sogenannten QR-Code. Mit seinem Handy geht der Kranke dann zur Apotheke, dort wird der Code eingescannt – und er erhält die Medikamente. All das ohne Papier. Ist ein Folgerezept notwendig, kann der Arzt dies sogar aus der Entfernung übermitteln – der Patient muss nicht mehr in die Praxis kommen.

"Mittelfristig bietet sich eine Verknüpfung mit weiteren Services an – beispielsweise kann die App den Patienten erinnern, wenn die Arznei bald aufgebraucht ist", sagt Frank Verheyen. Er hat das Pilotprojekt zum E-Rezept mitgestaltet, an dem in den kommenden 18 Monaten in Hamburger Stadtteil Wandsbek Ärzte, Apotheken und Patienten teilnehmen können. Funktioniert es, will die TK es nach Möglichkeit auf ganz Deutschland ausdehnen. Dabei setzt die Kasse auf die Kommunikation zwischen Arzt und Patient: "Es ist am aussichtsreichsten, Patienten auf diese Weise anzusprechen."

Politisch gewollt

Was die TK jetzt angeht, ist politisch gewollt: Im November hatte Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) angekündigt, dass Ärzte ab dem Jahr 2020 ihre Verschreibungen auf elektronischem Weg an eine Apotheke übermitteln können sollen. Dies sei ein Weg, die Digitalisierung des Gesundheitswesens voranzutreiben. Ein entsprechendes Gesetz dazu solle nächstes Jahr in Kraft treten. Deutschland kommt damit relativ spät im europäischen Vergleich. Nach Zahlen des Euro Health Consumer Index 2017 haben bereits 17 Staaten das E-Rezept eingeführt.

Datenschutzrechtliche Bedenken hat die TK nicht: Die Datenübermittlung würde über einen gesicherten Kanal laufen. Und es würden keine Informationen ausgetauscht, bei denen das nicht heute schon der Fall wäre. "Die Datenübermittlung ist ja heute schon im Hintergrund digitalisiert", sagt Frank Verheyen von der TK.

Einheitliche Standards

Grundsätzliche Zustimmung zum Projekt kommt von der Ärztevereinigung Marburger Bund. Das E-Rezept sei "eine Möglichkeit, die Medizinern zur Verfügung stehen sollte", sagt deren Sprecher Hans-Jörg-Freese. Die Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA) sowie die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) verweisen allerdings auf eigene Anstrengungen in dem Bereich. "Schlecht wäre es, wenn unterschiedliche technische Standards und Schnittstellen zum Einsatz gelangen würden. Davon hätte niemand einen Nutzen", sagte KBV-Sprecher Roland Stahl.

ABDA-Präsident Friedemann Schmidt ergänzt, dass die freie Apothekenwahl nicht angetastet werden dürfe. "Die Entscheidungshoheit des Patienten, welche Apotheke sein Rezept beliefern soll und wo er sich beraten lassen will, muss erhalten bleiben."

Grundsätzliche Bedenken an der Zweckmäßigkeit und Sicherheit von E-Rezepten kommen von Patientenvertretern. "Das Smartphone ist eine potenziell gefährdete Schnittstelle. Es wäre also zu fragen, ob Patientendaten ausreichend gesichert werden können", sagt Gregor Bornes von der Bundesarbeitsgemeinschaft der Patientenstellen und -initiativen (BAGP). Zudem eigne sich das System nur für Leute, die mit Technik umgehen können. "Das gilt aber für viele Patienten gerade nicht", sagt Gregor Bornes.