Zehn Jahre nach dem Einsturz des Historischen Archivs in Köln sind erst etwa acht Prozent der geborgenen Archivstücke wieder im Original zu sehen. Man gehe nun davon aus, dass es weitere 30 Jahre dauern werden, bis alle geborgenen Dokumente und Archivalien die letzte Konservierungsstufe durchlaufen hätten und jeder Riss und jede Falte beseitigt sei, sagte Archivleiterin Bettina Schmidt-Czaia am 22. Februar in Köln. 95 Prozent der verschütteten Archivalien wurden seit dem Einsturz am 3. März 2009 geborgen. Die Stadt kalkulierte den entstandenen Gesamtschaden auf mindestens 1,3 Milliarden Euro.

In allen Gerichtsverfahren sei festgestellt worden, dass die fehlerhafte Schlitzwand in der Baugrube der Nord-Süd-Stadtbahn die Ursache gewesen sei, sagte Oberbürgermeisterin Henriette Reker (parteilos). Neben der persönlichen Verantwortung der einzelnen Angeklagten trage auch die ARGE Süd als der Unternehmensverbund, der den Auftrag übernommen hatte, Verantwortung, so Reker. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig, da die Beschuldigten in Revision gegangen sind.

1,6 Millionen Bergungseinheiten

Die Kosten für den gesamten Rettungs- und Bergungseinsatz habe bislang die Stadt Köln geschultert, betonte Stadtdirektor Stephan Keller. "Wir gehen aber davon aus, dass wir die Schadenssumme im diesem Umfang einfordern werden", sagte er. Die erste Bahn der Nord-Süd-Strecke solle im Jahr 2027 fahren.

Zum Stand der Restaurierungsarbeiten sagte Archivleiterin Schmidt-Czaia, dass etwa 15 Prozent von insgesamt 1,6 Millionen Bergungseinheiten die erste Konservierungsstufe, also die Trockenreinigung, durchlaufen hätten: "Hiervon sind mehr als die Hälfte, nämlich 55 Prozent, bereits direkt wieder im Original nutzbar." Weitere 44 Prozent seien in den nächsten Monaten in digitaler Form nutzbar. Rund 9.000 Stücke seien vollständig restauriert. Beim Einsturz des Archivs waren etwa 62.000 Urkunden, 329.000 Karten und Plakate und 500.000 Fotos verschüttet worden.

Beim Einsturz des Archivs am Kölner Waidmarkt stürzten das Gebäude und zwei benachbarte Wohngebäude ein. Zwei Menschen kamen ums Leben. Anwohner mussten ihre Wohnungen verlassen und angrenzende Schulen und Wohnheime evakuiert werden. "Es sind Katastrophen wie diese, die uns bewusst machen: In der Kürze eines Wimpernschlages kann das Leben ganz anders aussehen", sagte Reker.