Anfangs war Loki Schmidt in der Öffentlichkeit vor allem die Frau an der Seite des SPD-Kanzlers Helmut Schmidt. Erst spät wurden ihr Wissen und ihre Liebe zur Botanik gewürdigt: Die ehemalige Volksschullehrerin wurde Ehrenbürgerin von Hamburg und Ehren-Professorin. Hamburgs Botanischer Garten in Klein Flottbek heißt "Loki-Schmidt-Garten". Die Bromelie "Pitcairnia loki-schmidtii", ein Ananasgewächs, entdeckte sie bei einer Forschungsreise an einem Bach in Mexiko. Auch das Rosengewächs "Lachemilla loki-schmidtiae J.Gaviria" und der Skorpion "Tityus lokiae" sind nach ihr benannt. Am 3. März wäre sie 100 Jahre alt geworden.

Aufgewachsen ist die Naturliebhaberin in einem dichtbebauten Arbeiterviertel. Sie sei ein "typisches Großstadthinterhofkind" gewesen, sagte sie kurz vor ihrem Tod der Zeitung "Die Welt". Im Kopfsteinpflaster ihres dunklen Hinterhofs habe sie damals Wiesenrispengras und Löwenzahn entdeckt. Vielleicht habe sich damals die "uneingestandene Sehnsucht nach Grün und Pflanzen" entwickelt.

Als Hannelore Glaser kam sie am 1919 in Hamburg zur Welt. Die Familie war arm und lebte bei den Großeltern im Stadtteil Hammerbrook. Erst drei Jahre später zog sie in eine eigene Wohnung im benachbarten Borgfelde. Trotz der Armut war der Familie Bildung wichtig. Ihre Großmutter, eine gelernte Köchin, soll Goethes "Faust" auswendig rezitiert haben. Der Vater malte und spielte Geige. Als Kind gab Hannelore sich selbst den Spitznamen "Loki".

Rauflustiger "Schmiddel"

Das hochgewachsene Mädchen besuchte die reformorientierte Lichtwarkschule in Winterhude und lernte dort einen kleinen rauflustigen "Schmiddel" kennen. Beide hatten eine ähnliche Handschrift, verriet Helmut Schmidt später der "Zeit". Da er als Schüler "relativ faul" gewesen sei, habe Loki seine Mathe-Hausaufgaben gleich in sein Heft geschrieben. "Und niemand hat es gemerkt."

Die Verbindung war wohl eher kameradschaftlich. Doch als sich Hannelore und Helmut nach einem regen Briefwechsel im Sommer 1941 in Berlin wieder trafen, soll es gefunkt haben. "Dort wurden sie innerhalb von fünf Tagen zum Liebespaar", schreibt Biograf Reiner Lehberger. Sie heirateten am 27. Juni 1942. Sohn Helmut Walter starb noch vor seinem ersten Geburtstag im Februar 1945. Das Ehepaar musste mehrere Fehlgeburten verkraften. Tochter Susanne wurde im Mai 1947 geboren und lebt heute als Wirtschaftsjournalistin in England.

Lokis Wunsch, Biologie zu studieren, scheiterte an den Studiengebühren. Stattdessen studierte sie Pädagogik für das Lehramt an Volksschulen. Nach dem Krieg war sie es, die für den Unterhalt der Familie sorgte, während ihr Mann studierte. Von 1940 bis 1972 arbeitete sie als Volks-, Grund- und Realschullehrerin an verschiedenen Schulen.

Anfang der 70er Jahre zog sie nach Bonn, ihr Mann war erst Bundesminister, ab 1974 dann Bundeskanzler. Sie engagierte sich als Kanzlergattin insbesondere für den Schutz gefährdeter Pflanzen und begleitete Forschungsreisen nach Kenia, Ecuador, Malaysia, Borneo und auf die Galápagos-Inseln. 1976 gründete sie das Kuratorium zum Schutze gefährdeter Pflanzen, das als Loki-Schmidt-Stiftung seit 1980 alljährlich die "Blume des Jahres" kürt.

Zugewandt und warmherzig

Freunde beschrieben Loki Schmidt als zugewandt und warmherzig. 68 Jahre lang war sie mit Helmut verheiratet. Beide verband die Liebe zu Kunst und Musik, das Schachspiel und das Haus am Brahmsee. Einfach war ihre Ehe wohl nicht. Helmut Schmidt wurden zahlreiche Affären nachgesagt. Er selbst hat in seinem letzten Buch "Was ich noch zu sagen hätte" eine langjährige Liebesbeziehung zu einer 18 Jahre jüngeren Hamburgerin öffentlich gemacht. Die von Loki vorgeschlagene Scheidung habe er allerdings strikt abgelehnt, schreibt er.

Dass sie so lange zueinander hielten, ist fast ebenso erstaunlich wie die Tatsache, dass beide angesichts ihres Zigarettenkonsums so alt geworden sind - Loki starb mit 91, ihr Mann mit 96. Bereits mit zehn oder elf Jahren habe sie im Stadtpark geraucht, bekannte sie einmal. "Greiling Schwarz-Weiß" hieß die Marke. Als "Loki und Smoky" waren beide Teil der Comedy-Sendung "Mitternachtsspitzen".

Loki Schmidt blieb bodenständig. Wenn Staatschefs wie Valéry Giscard d'Estaing, Gerald Ford oder Leonid Breschnew das Haus in Hamburg-Langenhorn besuchten, kochte sie Grünkohl, Labskaus oder Roastbeef mit Bratkartoffeln. Besonders gelobt wurde ihre Rote Grütze.

In ihren späten Jahren verfasste sie zahlreiche Bücher. Seit 2009 ist sie Ehrenbürgerin Hamburgs. Die Schule Othmarscher Kirchenweg, an der sie 13 Jahre lang unterrichtete, heißt heute "Loki-Schmidt-Schule". Zu ihrem 100. Geburtstag wird am Botanischen Garten eine Gedenktafel enthüllt.

Am 21. Oktober 2010 starb Loki Schmidt in ihrem Haus in Langenhorn. Zur Trauerfeier im Michel kamen unter anderen Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU), Altkanzler Gerhard Schröder (SPD), Uwe Seeler, Siegfried Lenz sowie die ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker und Horst Köhler. Trauerredner war der ehemalige Landesbischof Eduard Lohse: "Bis zuletzt hat sie viel Gutes bewirken können, mit Warmherzigkeit vielen Menschen geholfen und große Anerkennung und Verehrung erfahren."