Zwei Preise für eine bewegte Gewinnerin und leise Kritik am jungen Film: Die Regisseurin Susanne Heinrich hat mit ihrem ersten abendfüllenden Spielfilm "Das melancholische Mädchen" den mit 36.000 Euro dotierten Max Ophüls Preis gewonnen. Beim 40. Filmfestival Max Ophüls Preis bekam die 33-Jährige am 19. Januar in Saarbrücken auch den mit 2.500 Euro dotierten Preis der ökumenischen Jury. Der Abend gehe ihr nah, sagte Heinrich: Am Tag ihrer Ehrung musste sie zuvor eine gute Freundin beerdigen.

"Das melancholische Mädchen" erzähle in elegantem Ton sowie präzisen Worten die Odyssee einer jungen Frau im postmodernen Kultur- und Identitätsüberfluss, begründete Jurymitglied Mechthild Holter die Entscheidung. "Mit ironischer Genauigkeit und humoriger Schlagfertigkeit trifft der Film in seiner Übersetzung feministischer Theorien pausenlos den Nagel auf den Kopf." Insgesamt traten 62 Filme seit 15. Januar in den Wettbewerben an, davon konkurrierten 16 in der Kategorie Spielfilm.

Appell für mehr Vielfalt bei Figuren und Machern

Zum Ökumene-Preis sagte Heinrich, sie sei eine evangelische Pfarrerstochter und habe "lange versucht, mich davon zu emanzipieren". Offenbar habe sich aber ihr Prediger-Gen durchgesetzt, auch wenn sie eher feministische Kapitalismuskritik predige. An ihre Nachwuchskollegen appellierte Heinrich, den Film neu zu erfinden. Noch gebe es zu viele weiße und privilegierte Menschen im Filmgeschäft.

Ähnlich äußerte sich Schauspieler Jerry Hoffmann: Es brauche mehr Diversität bei Figuren und Filmteams. Es sei ein Problem, wenn nicht einmal mehr beim Nachwuchs Vielfalt vorhanden sei, sagte das Mitglied der Jury für den Kurzfilm und den mittellangen Film.

Til Schweiger ruft zu mehr Geschlossenheit auf

Ex-Preisträger Til Schweiger warnte die jungen Filmemacher vor Neid gegenüber anderen, alle sollten einander unterstützen. Die jetzige Schauspielergeneration sei breitgefächert und deswegen gebe es große Konkurrenz. "Wenn ihr anderen Menschen helft, helfen sie euch", betonte er.

Schweiger half bei der Vergabe der mit jeweils 3.000 Euro dotierten Preise für den Schauspielnachwuchs. Sie gingen an Simon Frühwirth für seine Rolle in "Nevrland" und Joy Alphonsus für ihre Schauspielkunst in "Joy". Frühwirth spiele sehr überlegt und mit Ruhe, er lasse den Zuschauer am persönlichen Schicksal der Figur teilhaben, sagte Juror Friedrich Mücke. Alphonsus schaffe es, in ihrer Rolle als junge nigerianische Prostituierte mit resolutem, aber unaufgeregtem Spiel die Abgründe ihres Konflikts darzustellen.

Neuer Publikumpreis Dokumentarfilm für "Congo Calling"

Erstmals wurde der Publikumpreis Dokumentarfilm vergeben. Regisseur und Ophüls-Preisträger Arash T. Riahi überreichte die mit 5.000 Euro dotierte Auszeichnung an Stephan Hilpert für seinen Film "Congo Calling", der sich kritisch mit der westlichen Entwicklungspolitik auseinandersetzt. Riahi betonte, in Zeiten von Fake-News seien unabhängig Dokumentarfilmer besonders wichtig: "Es gibt so viele Realitäten, aber trotzdem Fakten und Wahrheit."

Den mit 7.500 Euro versehenen Dokumentarfilmpreis erhielt Regisseurin Illa Willinger für "Hi, A.I." über die aktuellen Entwicklungen der künstlichen Intelligenz bei Robotern. "Gleichermaßen distanziert wie traumhaft erzählt der Film in klaren, tableauhaft komponierten Bildern", sagte Jurorin Natascha Cartolaro. "Der Film zeichnet ambivalente Visionen, lädt aber dennoch zu einem spielerisch empathischen Blick ein, der einen auch immer wieder schmunzeln lässt."

Der Max Ophüls Preis zählt zu den bedeutendsten Auszeichnungen für Nachwuchsfilmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz. Benannt ist das Festival nach dem in Saarbrücken geborenen Regisseur Max Ophüls (1902-1957). Von Montag bis Sonntag waren über 150 Filme zu sehen. Festivalleiterin Svenja Böttger rief die Filmemacher auf, auch für die kommenden Ausgaben für Überraschungen zu sorgen. Das nächste Filmfestival findet vom 20. bis 26. Januar 2020 statt.