Modernes Design wurde nicht nur am Bauhaus erfunden: Anlässlich dessen 100. Jubiläum macht das Museum Angewandte Kunst in Frankfurt auf den wesentlichen Beitrag des "Neuen Frankfurt" aufmerksam. "Wenn das Bauhaus die Akademie der Moderne war, war das Neue Frankfurt die Werkstatt", sagte Direktor Matthias Wagner K am 17. Januar. Die Ausstellung "Moderne am Main 1919-1933" zeigt vom 19. Januar bis 14. April die vielfältigen Aufbrüche in Kunst, Design, Produktentwicklung, Rundfunk, Architektur und Städtebau in Frankfurt in der Zeit der Weimarer Republik.

Das von Oberbürgermeister Ludwig Landmann (1868-1945) so benannte "Neue Frankfurt" habe nach dem Zusammenbruch des Kaiserreichs und der Gründung der Republik den Anspruch erhoben, eine neue urbane Zukunft zu bauen, sagte Wagner K. Dieser Anspruch habe sich auf die angewandten und die freien Künste, auf Rundfunk und Architektur bezogen. Ein Netzwerk von Erneuerern in Kunst, Wirtschaft und Stadtverwaltung habe die Einheit von moderner Gestaltung der Lebenswelt und sozialem Engagement angestrebt. "Das Ziel war eine bessere Gesellschaft."

Moderner Städtebau und Frankfurter Küche

Die Ausstellung präsentiert mehr als 500 Objekte, Fotografien, Zeichnungen, Gemälde, Film- und Tonaufnahmen auf 1.200 Quadratmetern. "Wir wollen die Fülle abbilden", sagte Kuratorin Grit Weber. Ob ein Ölgemälde mit dem Motiv "Frau mit erhobenem Arm" von Willi Baumeister (1889-1955) oder Fotokunst von Marta Hoepffner (1912-2000), ob eine Schreibtischlampe mit Gelenk oder Damenstiefeletten aus schwarzem Samt mit hohen Plexiglasabsätzen, ob eine Stuhlserie oder der Kühlergrill eines Adler-Autos - die neue Formensprache fand vielfältige Anwendung.

Maßgeblichen Einfluss übte die 1923 gegründete Kunstschule Frankfurt aus, die Direktor Fritz Wichert (1878-1951) nach dem Vorbild des Weimarer Bauhauses formte, wie Kurator Klaus Klemp erläuterte. Freie und angewandte Künste sollten gleichrangig behandelt werden, die Architektur stand anders als am Bauhaus von Anfang an auf dem Lehrplan. Lehrer wie Willi Baumeister (Typographie und Werbegrafik) und Max Beckmann (Malerei) prägten die Schülergeneration.

Vorreiter im deutschen Wohnungsbau wurde der Frankfurter Baudezernent Ernst May (1886-1979), der nicht nur Reihenhaussiedlungen im Stil der Bauhaus-Zeit errichten ließ, sondern auch die Gestaltung des öffentlichen Raums plante. Der Nationalsozialismus bereitete dem "Neuen Frankfurt" den Garaus, wie Direktor Wagner K erläuterte. Ernst May und seine Mitarbeiter gingen in die Sowjetunion, wo mit der Fortsetzung ihrer Moderne bald Schluss war. Bleibenden Einfluss über die Epoche hinaus hatte etwa die Gestaltung der "Frankfurter Küche" von Margarete Schütte-Lihotzky (1897-2000). Beispiele in 360-Grad-Panorama-Aufnahmen bilden den Schluss der Schau.