Kurz vor Beginn der Weltklimakonferenz haben am 1. Dezember in Köln und Berlin Tausende Menschen für einen schnellen Kohleausstieg und gegen die deutsche Klimapolitik demonstriert. In Köln kamen nach Angaben der Veranstalter 22.000 Menschen, in der Bundeshauptstadt protestierten demnach rund 16.000 Menschen vorm Kanzleramt "gegen das Versagen der Bundesregierung beim Klimaschutz".

Die Polizei sprach von einer "sehr erheblichen Anzahl" von Teilnehmern sowie einem absolut störungsfreien Ablauf in Köln und in Berlin von mehr als 5.000 Demonstranten. Auf der Doppel-Kundgebung wurden Plakate und Banner gezeigt mit Aufschriften wie "Die grauen Herren verheizen unsere Zukunft", "Hambacher Wald retten", "Braunkohle stoppen - Klimaschutz jetzt", "Energiewende braucht Kohleende", "Kohle zerstört die Pole" und "Worauf wollt ihr noch warten".

Bündnis wirft Bundesregierung Versagen beim Klimaschutz vor

Zu den Protesten hatte ein Bündnis aufgerufen, dem unter anderem Greenpeace, der Bund für Umwelt- und Naturschutz (BUND), der Naturschutzbund Deutschland (Nabu), die Umweltstiftung WWF, die Naturfreunde Deutschland sowie Campact, aber auch "Brot für die Welt" und Misereor als kirchliche Gruppen angehören.

Greenpeace-Chef Martin Kaiser sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Köln, man wolle gemeinsam ein Zeichen setzen für das Klima und gegen die Kohleverbrennung. Die Menschen seien auch gekommen, weil sie von der Politik der Bundesregierung enttäuscht seien. "Die Bundesregierung muss zu Hause liefern", sagte Kaiser. "Deutschland muss mit gutem Beispiel vorangehen."

Er kritisierte zudem, dass die Kohlekommission ihren Bericht erst Anfang Februar veröffentlichen will. Es wäre wichtig gewesen, dass Deutschland der internationalen Gemeinschaft gezeigt hätte, wo es lang gehe, sagte er. Stattdessen sei aber eine "peinliche Situation" für Deutschland entstanden. Auch Dirk Jansen vom BUND sprach von einer inakzeptablen Verzögerungstaktik.

"Wir sind im Endspiel um unsere Zukunft"

Die Bundesregierung stehe in Kattowitz mit leeren Händen da, erklärten die Veranstalter. Die Bundesregierung habe das Klimaziel für 2020 aufgegeben, obwohl es durch entschlossenes Handeln noch hätte erreicht werden können. "Wir sind im Endspiel um unsere Zukunft und die unserer Kinder und Enkel", erklärte das Bündnis.

Im polnischen Kattowitz beginnt der 24. Klimagipfel der Vereinten Nationen. Zur Eröffnungszeremonie am 3. Dezember werden hochrangige Regierungsvertreter aus aller Welt erwartet, darunter Bundesumweltministerin Svenja Schulze (SPD). Auf Beamtenebene beginnen die Verhandlungen bereits am Sonntag. Bis zum 14. Dezember wollen die Delegierten aus 197 Ländern über die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens von 2015 beraten.

Bei der Kundgebung in Berlin warf der Bundesvorsitzende der Naturfreunde Deutschland, der ehemalige SPD-Politiker Michael Müller, der Politik vor, das wirtschaftliche Wachstum weiter wie ein Goldenes Kalb zu verehren, auf Kosten der Umwelt. Das Klimaproblem werde allein mit dem Ausstieg aus der Kohle aber nicht gelöst. "Wir brauchen auch den Ausstieg aus dem Öl, wir brauchen eine Verkehrswende, das Ende der Agrarindustrie und einen Umbau der chemischen Wirtschaft", forderte der ehemalige Parlamentarische Staatssekretär im Bundesumweltministerium.

In Köln zogen die Demonstranten von der rechten Rheinseite über die Deutzer Brücke in die Altstadt und wieder zurück. "Hier herrscht eine grandiose Stimmung unter blauem Himmel", sagte Jansen vom BUND in Nordrhein-Westfalen. In der Domstadt wandte sich die Kundgebung vor allem gegen den Tagebau im Hambacher Forst.