Dürresommer in Europa, Feuerwalze in Kalifornien - die Anzeichen für den Klimawandel mehren sich. In ihrem jüngsten Sonderbericht bestätigen die Wissenschaftler des Weltklimarats: Die Erde hat sich bereits um ein Grad erwärmt, Konsequenzen treten schon jetzt deutlich zutage. Unter diesem Eindruck verschärfter Dringlichkeit kommen am 3. Dezember Delegierte aus mehr als 190 Staaten zum 24. Weltklimagipfel im polnischen Kattowitz zusammen.

Die Klimadiplomaten werden weiter an der Umsetzung des Pariser Abkommens von 2015 feilen, das die Erderwärmung auf deutlich unter zwei Grad, wenn möglich sogar auf 1,5 Grad im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter begrenzen soll. Unter anderem wollen die Verhandler in diesem Jahr eruieren, wie die Weltgemeinschaft in den vergangenen drei Jahren vorangekommen ist. Diese im Pariser Klimavertrag vorgeschriebene Bestandsaufnahme soll den Referenzrahmen bilden für neue, verschärfte Ziele zur Kohlendioxid-Reduktion, die die Staaten bis 2020 vorlegen sollen.

Klar ist: Die im Pariser Klimavertrag festgehaltenen freiwilligen nationalen Ziele zur CO2-Reduktion reichen allenfalls aus, um die Erderwärmung auf 3,2 Grad zu begrenzen. Und das auch nur dann, wenn alle Länder ihre Versprechen einhalten.

Signal von EU erhofft

Umwelt- und Entwicklungsorganisationen hoffen daher, dass bereits in Kattowitz einzelne Akteure mit gutem Beispiel vorangehen. "Die Europäische Union sollte in Kattowitz ein klares Signal senden, dass sie bis 2020 ihre Klimaziele für 2030 erhöht", sagt Christoph Bals, Geschäftsführer von Germanwatch. Bislang will die EU bis in zwölf Jahren ihren Treibhausgas-Ausstoß um mindestens 40 Prozent im Vergleich zu 1990 senken.

Laut Bals könnten auch Länder wie China und Indien, die ihre selbst gesteckten Vorgaben zum Ausbau Erneuerbare Energien übererfüllt haben, eine Verschärfung ihrer Ziele bis 2020 zusagen. "Dann werden hoffentlich auch weitere Staaten ehrgeizigere Zusagen machen oder zumindest ankündigen." Das ist indes nicht von den USA zu erwarten, die ihren Ausstieg aus dem Klimagipfel vor anderthalb Jahren angekündigt haben. Noch ungewiss ist, wie sich Brasilien verhält, dessen designierter ultrarechter Präsident Jair Bolsonaro ein erklärter Klimaschutz-Gegner ist.

Auf der Tagesordnung zudem: das sogenannte Regelbuch des Pariser Klimaabkommens. Es soll die Berichtspflichten und Transparenzregeln enthalten, an die sich die Staaten bei ihren nationalen Klimaschutzmaßnahmen halten sollen. Denn die Anstrengungen der Staaten im Kampf gegen die Erderwärmung müssen vergleichbar sein. Am Ende der zweiwöchigen Konferenz soll der Katalog beschlossen werden.

Gastgeber als Bremser?

Besonderes Augenmerk wird auf Gastgeber Polen liegen. Das Land, das die Präsidentschaft des Gipfels innehat, trägt stets maßgeblich zu Erfolg oder Misserfolg der Verhandlungen bei. Denn es legt Gesprächsformate fest, schlägt Kompromisse vor. Das Kohleland Polen gilt traditionell als Klimaschutz-Bremser in der EU. Aber: Inzwischen baut auch Polen die Erneuerbaren Energien aus und zeigt sich engagiert bei der Elektromobilität.

Leiten wird die Konferenz der polnische Umwelt-Staatssekretär Michal Kurtyka. "Er gilt als aufgeschlossen gegenüber Neuerungen im Energiesektor", sagt der Klimaökonom Reimund Schwarze vom Helmholtz Zentrum für Umweltforschung in Leipzig. Und bei der Vorbereitung des Gipfels habe sich Kurtyka engagiert gezeigt. "Deshalb hoffen alle, dass er bei den Verhandlungen eine konstruktive Rolle spielen wird."

Für Deutschland wird Umweltministern Svenja Schulze (SPD) an den Verhandlungen teilnehmen. Es ist ihr erster Klimagipfel. Anders als ihre Vorgänger im Amt wird sie nicht als Exponentin einer Vorreiternation auftreten können. Deutschland hinkt bei selbst gesteckten Vorgaben zur CO2-Reduktion hinterher. Und der Abschlussbericht der Kohlekommission, der den Weg aus der Braunkohle weisen soll, verzögert sich. "Das macht es für das Land schwierig, die konstruktiven Allianzen mit anderen Staaten zu schmieden, die es bisher oft mit Bravour geschmiedet hat", sagt Bals.