Düsseldorf, Berlin (epd). Im Konflikt um die Zahlungsaufforderungen der Behörden an Flüchtlingsbürgen haben die Grünen den Regierungen in Nordrhein-Westfalen und im Bund Untätigkeit vorgeworfen. Die für September vorgesehenen Bund-Länder-Gespräche hätten gar nicht stattgefunden, wie erst auf Nachfrage herausgekommen sei, kritisierte die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Filiz Polat, am 20. November in Düsseldorf. Sie warf der Bundesregierung eine Hinhaltetaktik vor. Die Verpflichtungsgeber würden in ihrer "existenzbedrohenden Situation" allein gelassen.
Nach Ansicht der nordrhein-westfälischen Grünen-Abgeordneten Berivan Aymaz ist auch die NRW-Landesregierung gefordert, mit den anderen Ländern Lösungen zu erarbeiten. Der derzeitige Schwebezustand führe durch die zahlreichen Klagen von Flüchtlingsbürgen auch zu einer Belastung der Jobcenter, Sozialämter und Gerichte, sagte die integrationspolitische Sprecherin ihrer Fraktion.
Moratorium gilt nach wie vor
In einer Antwort auf die Anfrage von Polat hatte das Bundesinnenministerium Ende Oktober eine Fortsetzung der Gespräche mit den Ländern Hessen und Niedersachsen für November angekündigt. Es gelte weiter das von Bund und Ländern Ende Februar vereinbarte Moratorium: Danach verschicken Behörden zwar weiter Kostenbescheide an Flüchtlingsbürgen, ziehen die Gelder aber bis auf weiteres nicht ein.
Schätzungsweise haben zwischen 2013 und 2015 rund 7.000 Menschen in Deutschland Verpflichtungserklärungen abgegeben, durch die Bürgerkriegsflüchtlinge aus Syrien auf sicherem Weg einreisen konnten. Die Bürgen waren davon ausgegangen, dass sie nur so lange für den Lebensunterhalt der Flüchtlinge aufkommen müssen, bis die Asylverfahren positiv beschieden sind. Diese Position wurde damals unter anderem von den Ländern Nordrhein-Westfalen, Niedersachsen und Hessen vertreten.
Aus Sicht der Bundesregierung galten die Erklärungen aber auch nach der Anerkennung der Flüchtlinge. Erst das Integrationsgesetz bestimmte 2016 eine Fünf-Jahres-Frist, die für "Altfälle" auf drei Jahre reduziert wurde. Seit mehr als einem Jahr verschicken Jobcenter und Sozialämter Rechnungen an die Bürgen, die teilweise eine sechsstellige Summe erreichen. Zahlreiche Betroffene ziehen gegen die Kostenbescheide vor Gericht.
Vielfach berufen sich die Gerichte auf ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes von 2017. Danach führt die Zuerkennung eines Flüchtlingsstatus "nicht zu einem anderen Aufenthaltszweck und verpflichtet weiterhin zur Erstattung von Sozialleistungen". Die Aufenthaltserlaubnis vor und nach der Anerkennung der Flüchtlinge diene demselben Zweck, nämlich humanitären Gründen. Auf dieses Urteil wies das Bundesinnenministerium gegenüber der Grünen-Abgeordneten ausdrücklich hin.