Der Vorsitzende des "Bürgerrates Demokratie", der frühere bayerische Ministerpräsident Günther Beckstein (CSU), hat sich für weitere Bürgerversammlungen zu Themen wie der Klimafrage ausgesprochen. Zudem sollte der Bundestag bis Ende des Jahres darüber entscheiden, ob das Instrument der Bürgerräte als Ergänzung der parlamentarischen Demokratie gesetzlich verankert wird, sagte Beckstein am 18. Februar auf einer Videopressekonferenz des Berliner Vereins Mehr Demokratie.

Mitte November vergangenen Jahres hatte der "Bürgerrat Demokratie" Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) einen Katalog mit 22 konkreten Vorschlägen zur Stärkung der Demokratie überreicht. Kernforderungen des Gremiums sind weitere Bürgerräte zu bundespolitischen Themen, die Einführung bundesweiter Volksabstimmungen sowie die Einrichtung einer eigenen Stabsstelle für Bürgerbeteiligung und direkte Demokratie. Zudem sollte ein Lobbyregister geschaffen werden.

Beckstein nannte den Bürgerrat Demokratie "ein fantastisch gelungenes Experiment". Es sei auf hohem Niveau diskutiert worden. Viele hätten ihre Meinung geändert, "manche sogar mehrfach". Es führe nun kein Weg daran vorbei, dass sich auch die Abgeordneten damit beschäftigen.

Der Bürgerrat war das erste bundesweite repräsentativ zusammengesetzte Gremium seiner Art und bestand aus 160 aus den Einwohnermelderegistern gelosten Menschen zwischen 16 und 82 Jahren. Die Empfehlungen an den Bundestag wurden auf sechs Regionalkonferenzen und auf einer Gesamtkonferenz in Leipzig erarbeitet. Vorbild ist den Angaben nach unter anderem die Citizen' Assembly in Irland.

Derzeit würden Gespräche mit Bundespolitikern und auf Länderebene geführt, sagte Claudine Nierth, Bundesvorstandssprecherin des Vereins Mehr Demokratie. Bürgerräte seien ein Mehrwert für die Demokratie. In schwierigen Fragen zeigten sie der Politik, was konsensfähig in der Gesellschaft ist. Dadurch könne die Entscheidungsfreudigkeit der Parlamente unterstützt werden. Deshalb sei es nötig, dass jetzt aus dem Bundestag heraus der Vorstoß komme, Bürgerräte fest als Instrument der Willensbildung zu implementieren, sagte Nierth.

Sie sei positiv überrascht gewesen, dass viele der ausgelosten Teilnehmerinnen und Teilnehmer aktiv bleiben wollen: "Der Bürgerrat zeigt, wie aus Menschen, die sich gefragt und gehört fühlen, Bürgerinnen und Bürger werden, die für die Gesellschaft bürgen", sagte Nierth. Mehr Demokratie hatte zusammen mit der Schöpflin Stiftung den Demokratie-Bürgerrat organisiert. Bürgerräte seien ein neues Element der demokratischen Beteiligung, zeigte sich Nierth überzeugt und verwies auf ähnliche Entwicklungen in Spanien, Frankreich und Großbritannien.