Ärzte- und Hilfsorganisationen haben vor zunehmenden humanitären Katastrophen infolge des Klimawandels gewarnt. In einem am 16. Oktober in Berlin veröffentlichten gemeinsamen Aufruf werden die Bundesregierung und die Industriestaaten aufgefordert, mit weitreichenden Maßnahmen eine Erderwärmung von mehr als 1,5 Grad Celsius zu verhindern.

"Als humanitäre Organisationen erleben wir täglich, wie Umweltfaktoren humanitäre Notsituationen verschlimmern", heißt es in dem Aufruf von Ärzte der Welt, dem Deutschen Roten Kreuz (DRK), Ärzte ohne Grenzen, der Ärztekammer Berlin und Greenpeace. Demnach ist die Klimakrise nicht nur eine ökologische, sondern auch eine humanitäre Katastrophe, deren Folgen bereits heute spürbar seien.

François De Keersmaeker, Direktor von Ärzte der Welt Deutschland, unterstrich, Dürren und Überschwemmungen infolge der Klimakrise zerstörten die Lebensgrundlagen vieler Menschen und förderten so die Landflucht. Lokale Maßnahmen reichten da nicht mehr aus.

Klimawandel und Umweltzerstörung entschieden entgegenzutreten, sei deshalb "nicht nur ein Akt der Solidarität, sondern unsere gemeinsame Verantwortung", heißt es in dem Appell. Die Bundesrepublik müsse ihre eigenen Emissionen viel stärker als geplant reduzieren und zugleich ärmere Länder dabei unterstützen, sich gegen die Auswirkungen des Klimawandels zu wappnen und ihre Wirtschaft klimafreundlich weiterzuentwickeln.

Martin Kaiser, Geschäftsführer von Greenpeace Deutschland, sagte mit Blick auf steigende Meeresspiegel, "die Aussichten sind düster". Die Industriestaaten hätten nicht nur die historische Verantwortung, auf den Klimawandel zu reagieren, sondern auch die technischen und finanziellen Möglichkeiten.

Es seien vor allem "die reichen Länder des Globalen Nordens, die das Klimaproblem mit ihrem enorm hohen CO2-Ausstoß der vergangenen Jahrzehnte" maßgeblich verursacht hätten, heißt es entsprechend im Aufruf. Die Industriestaaten würden jedoch die von der Erderwärmung besonders betroffenen Menschen häufig im Stich lassen, kritisieren die Ärzte- und Hilfsorganisationen.

Alexandra Rüth, beim DRK verantwortlich für die "humanitäre Anpassung an den Klimawandel", erklärte, durch Wetterextreme ausgelöste Notsituationen wie Dürren und Überschwemmungen machten inzwischen mehr als die Hälfte der humanitären Hilfe des DRK aus. Die Organisationen veröffentlichten ihren Aufruf anlässlich eines am Donnerstag beginnenden Kongresses zu Theorie und Praxis der humanitären Hilfe. Er steht unter dem Motto "A Perfect Storm - Humanitarian Impacts of Climate Change".

Als Beispiele für die zerstörerischen Auswirkungen der Erderwärmung führen die Organisationen unter anderem die Wirbelstürme an, die Mosambik zu Beginn des Jahres verwüstet haben. Für viele Menschen weltweit bedeuteten die Klimaveränderungen Wassermangel und Hunger, wie etwa die Region um den Tschadsee in der Sahelzone, einst einer der größten Seen Afrikas, zeige. Durch steigende Temperaturen und häufigere Überschwemmungen sei in vielen Ländern auch das Risiko gewachsen, sich mit durch Wasser übertragene Krankheiten wie Cholera und durch Insekten übertragene Krankheiten wie Malaria und Dengue-Fieber zu infizieren.