Es ist der Glanz längst vergangener Zeiten, hergestellt in diesen Tagen. Die insgesamt neun sogenannten Paraderäume, die Kurfürst August der Starke 1719 anlässlich der Hochzeit seines Sohnes im Dresdner Residenzschloss einrichten ließ, sind fertig rekonstruiert. Mit dem prunkvollen Audienzgemach und Paradeschlafzimmer in Rot und Grün bilden sie das Herzstück des Schlosses. Die Räume waren keineswegs private Gemächer, sondern dienten der Repräsentation der höfischen Kultur.

Seit diesem Wochenende kann die Öffentlichkeit das Raumkunstwerk aus Samt, Seide, Silber und Gold erstmals bestaunen. Mehr als 300 Gewerke haben daran in den vergangenen drei Jahren gearbeitet. Mit einem Festakt am 28. September wurden die neuen Räume feierlich eröffnet. Die Gesamtkosten belaufen sich auf rund 35 Millionen Euro.

Die Paraderäume ließ August der Starke anlässlich der Hochzeit seines Sohnes Kurprinz Friedrich August einrichten. Dieser hatte am 20. August 1719 in Wien die Kaisertochter Maria Josepha von Österreich geheiratet. In den prunkvollen Räumen wurde die Braut am 2. September 1719 vom sächsischen Kurfürsten empfangen.

"Nirgends sonst kommt man August dem Starken so nahe wie in den Paraderäumen", sagt Dirk Syndram, Direktor der ebenfalls im Schloss beheimateten Museen Grünes Gewölbes und Rüstkammer. Zahlreiche Originale sorgten für ein authentisches Erlebnis. So könne der Glanz, mit dem der Kurfürst und polnische König sich umgab, unmittelbar nachvollzogen werden. Vorbild für ihn sei Ludwig XIV. und Schloss Versaille gewesen.

Von keinem Herrscher im barocken Europa seien so viele prächtige und persönliche Zeugnisse erhalten, sagt Syndram. In den frisch rekonstruierten Räumen sind zum Beispiel das Krönungsgewand und die Kleidung zu sehen, welche er bei der Hochzeit seines Sohnes trug. Ein hermelinbesetzter königsblauer Samtmantel wurde nachgewebt und schmückt die Figurine, die August den Starken bei seiner Krönung 1697 mit Krone, Reichsapfel und Zepter zeigt.

Das Dresdner Schloss wurde im Zweiten Weltkrieg schwer zerstört und blieb jahrzehntelang eine Ruine. Erst nach 1990 nahm die Sanierung Fahrt auf. 1997 beschloss die Landesregierung den Ausbau zum Museumskomplex inklusive der Rekonstruktion der Festetage in historischer Fassung. Für den Wiederaufbau des Schlosses sind rund 389 Millionen Euro veranschlagt.

Die Arbeiten an der Festetage einschließlich Paradebett und Thronensemble hatten 2016 begonnen. Vorausgegangen war eine fast zehnjährige Forschung und Planung auf der Grundlage von Fotos, Kupferstichen, Dokumenten und Briefen. Bekannt ist auch, dass in dem sechs Meter hohen und zwei Meter breiten Riesenbett niemand gelegen hat. Das Paradeschlafzimmer habe dem Brautpaar und den Brauteltern für intime Vier-Augen-Gespräche gedient, sagt Syndram.

Um eine möglichst authentische Wirkung der Räume zu erreichen, kamen längst vergessene oder kaum noch übliche handwerkliche Techniken zum Einsatz. Web- und Posamentierarbeiten sowie Stickereien wurden mit Manufakturen in Frankreich, England, Spanien, Italien und Österreich realisiert.

Die kostbaren Textilien seien "fadengenau" rekonstruiert, originale Teile an ursprünglicher Stelle integriert worden, sagt Kunsthistorikerin Sabine Schneider. Für die Wandbehänge in Rot und Grün wurden 1,5 Kilometer Seidensamt und etwa 3,5 Kilometer Goldtresse benötigt.

1942 waren bewegliche Teile aus dem Schloss ausgelagert worden. Etliche Möbelstücke und Stoffteile seien so erhalten geblieben, auch ein Teil des Paradebettes, Porzellane und der Thronstuhl. Gerettete Vasen und Gefäße sind nun im Porzellankabinett gleich zu Beginn der Paradeetage im Westflügel zu sehen. Einige der goldenen Konsolen werden aber auch leer bleiben, um Kriegsverluste für verdeutlichen.

Nachgemalt wurden die beiden etwa 100 Quadratmeter großen Deckengemälde von Louis de Silvestre (1675-1760), der viele Jahre Hofmaler in Dresden war. Für modernen Komfort hingegen sorgt eine Fußbodenheizung, die die Wärme des Kaminfeuers aus vergangenen Tagen ersetzt.

Komplett fertig ist das Dresdner Schloss aber noch nicht. Arbeiten sind unter anderem noch im Großen Schlosshof nötig. Er habe gedacht, wenn in den Paraderäumen der Stuhl auf den Thron gesetzt wird, ist alles fertig, sagt Syndram. Aber da habe er sich wohl geirrt.