Berlin (epd). Im Streit über das Berliner Volksbegehren zur Enteignung von Wohnungskonzernen will die FDP-Spitze per Grundgesetzänderung dem Vorhaben die juristische Grundlage entziehen. Artikel 15 des Grundgesetzes passe nicht zur sozialen Marktwirtschaft, er sei ein Verfassungsrelikt und aus gutem Grund nie angewandt worden, sagte der FDP-Vorsitzende Christian Lindner dem Berliner "Tagesspiegel" (25. April). Den Grundgesetzartikel abzuschaffen wäre ein Beitrag zum sozialen Frieden und würde die Debatte wieder auf das Wesentliche lenken, sagte Lindner.
Laut Grundgesetz-Artikel 15 können Grund und Boden, Naturschätze und Produktionsmittel zum Zwecke der Vergesellschaftung durch ein Gesetz, das Art und Ausmaß der Entschädigung regelt, in Gemeineigentum überführt werden. Die FDP will nun bei ihrem Bundesparteitag, der am Freitag in Berlin beginnt, über eine Forderung zur Abschaffung des Artikels 15 entscheiden, heißt es in dem Zeitungsbericht weiter. Eine Mehrheit gilt dem "Tagesspiegel" zufolge als sicher. Das Grundgesetz kann vom Bundestag nur mit Zwei-Drittel-Mehrheit geändert werden.
Auf Artikel 15 des Grundgesetzes stützt die Berliner Enteignungsinitiative ihre Argumentation. Das am 7. April in Berlin gestartete Volksbegehren hat die Enteignung großer privater Wohnungsunternehmen zum Ziel. Die Initiative "Deutsche Wohnen und Co enteignen" will private Wohnungsgesellschaften, die mehr als 3.000 Wohnungen besitzen, enteignen. Die Wohnungen sollen in Gemeineigentum überführt werden und die betroffenen Unternehmen "deutlich unter Marktwert entschädigt werden". Ziel des Volksbegehrens ist ein Rekommunalisierungsgesetz.