Berlin/Potsdam (epd). Vor der entscheidenden Sitzung der Kohlekommission wächst der Druck auf das Gremium. Vertreter von Kirche, Politik und Wissenschaft richteten am 24. Januar Forderungen an das Gremium, das ein Konzept für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung vorlegen soll. Die von der Bundesregierung eingesetzte Expertenkommission will am 25. Januar in Berlin zusammenkommen, um sich auf einen Abschlussbericht mit Empfehlungen an die Politik zu verständigen.
Der evangelische Berliner Bischof Markus Dröge warnte die Kohlekommission vor falschen Kompromissen. Sollte das Gremium in seinem Abschlusspapier kein klares Ausstiegsszenario nennen, würden die Erwartungen der Kirche und vor allem der Menschen vor Ort nicht erfüllt, sagte der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Berlin: "Wir wissen, dass die Unsicherheit für die Menschen katastrophal ist." Die Kirche erwarte deshalb "ein klares Ergebnis im Abschlusspapier der Kommission".
Brandenburgs Wirtschafts- und Energieminister Jörg Steinbach (SPD) forderte den Bund auf, schnell Maßnahmen für den Strukturwandel in den Braunkohleregionen umzusetzen. Ein Maßnahmengesetz zur Umsetzung der Empfehlungen der Kommission müsse "noch vor der Sommerpause in den parlamentarischen Prozess kommen", sagte Steinbach dem epd in Potsdam. Die Menschen vor Ort seien "der Absichtserklärungen müde" und wollten nun "Taten sehen".
Das ifo-Institut für Wirtschaftsforschung warnte vor einem schnellen Ausstieg aus der Braunkohle und empfahl zugleich Preise für klimaschädliche Emissionen einzuführen.
Umweltpolitisch spreche vieles für einen schnellen Ausstieg, energiepolitisch spreche einiges dagegen, erklärte das Institut am Donnerstag in München. Ein schneller Ausstieg berge erhebliche Risiken für die Energieversorgung und wäre auch "klimapolitisch kurzsichtig", weil dann moderne Braunkohle-Kraftwerke in Ostdeutschland abgeschaltet würden und die Versorgung stattdessen über veraltete Anlagen in Polen oder Tschechien gesichert werden müsse.
Der Ausstieg aus der Braunkohle sei "nur für die Lausitz ein größeres Problem", weil in den anderen deutschen Revieren "in zumutbarer Entfernung leistungsfähige Städte mit ausreichend Ersatz-Arbeitsplätzen" zur Verfügung stünden, hieß es beim ifo-Institut. Ein Sonderprogramm für die Lausitz wäre deshalb "sicherlich sinnvoll".
Mit Unterstützung durch Bundesmittel könnten in der Lausitz gut bezahlte neue Arbeitsplätze entstehen, sagte Steinbach dem epd: "Wir warten sehnsüchtig sowohl auf das Sofortmaßnahmenpaket als auch auf das zu schaffende Gesetz, damit diese Mittel des Bundes dann auch regelmäßig und rechtsverbindlich fließen." Etwa 45 Prozent der Bundesmittel für den Braunkohleausstieg seien für den brandenburgischen Teil der Lausitz vorgesehen.
Der Lausitz müssten für den Ausstieg aus der Braunkohleverstromung "sehr klare und verbindliche Zusagen gemacht werden", sagte Bischof Dröge. Nötig seien Sozialpläne für die in der Kohle Beschäftigten, der Ausbau der Infrastruktur, die Unterstützung von Universitäten und Forschungseinrichtungen sowie die Ansiedlung von Bundesbehörden.
"Wir fänden es gut, wenn ein Lausitz-Fonds aufgelegt wird, damit auch die Zivilgesellschaft unterstützt wird, aktiv zu werden", betonte Dröge. Brandenburgs Wirtschaftsminister begrüßte den Vorschlag. "Ich fände so etwas gut", sagte Steinbach: "Das kann ein ergänzendes Element der Strukturentwicklung sein", so der Wirtschaftsminister.