Der Entwurf der CDU für ein Landesintegrationsgesetzes hat in Thüringen unterschiedliche Reaktionen hervorgerufen. "Es ist gut und richtig, die Rahmenbedingungen für Integration auch auf Landesebene verbindlich zu verankern", erklärte die Landesbeauftragte für Integration, Migration und Flüchtlinge, Mirjam Kruppa, am 23. Januar in Erfurt. Inhaltlich bleibe aber die Initiative der größten Thüringer Oppositionspartei hinter den Zielen der rot-rot-grünen Landesregierung zurück, so Kruppa. Für die Grünen bezeichnete die Landtagsabgeordnete Astrid Rothe-Beinlich den CDU-Entwurf "eine integrationspolitische Nullnummer".

Der am Mittwoch präsentierte Entwurf der CDU-Landtagsfraktion sieht im Kern individuelle Vereinbarungen zwischen den Schutzsuchenden und den Ausländerbehörden vor. Bei Nichteinhaltung der vereinbarten Ziele insbesondere bei der Sprach- aber auch der Wertevermittlung sollen Sanktionen greifen, sagte CDU-Partei- und Fraktionschef Mike Mohring. Denkbar seien verpflichtende Schulungen zu Kultur, Religionsfreiheit und Fragen der Gleichberechtigung von Mann und Frau im Gastland bis hin zu Geldstrafen und Leistungskürzungen. "Wer sich nicht ausweisen kann und etwa einen Abgleich seiner Fingerabdrücke in europäischen Datenbanken verweigert, soll keine Landeshilfen mehr erhalten", betonte Mohring.

Das Gesetz richte sich an alle, die eine längerfristige Bleibeperspektive hätten. Das schließe alle Flüchtlinge mit Schutzstatus sowie Asylsuchende ein, die nur über eine Duldung verfügten. Der Gesetzentwurf werde jetzt der Landtagsverwaltung zugeleitet und soll in der kommenden Woche im Plenum beraten werden, kündigte die CDU-Fraktion an.

Die Landesregierung hat aus Sicht von Kruppa in den vergangenen Jahren mit ihrem Thüringer Integrationskonzept bereits klare Leitlinien und Ziele in den diversen Handlungsfeldern definiert und konkrete Maßnahmen umgesetzt. Die CDU greife einige davon auf und bestätige insofern die gute Arbeit von Rot-Rot-Grün. So befinde sich der von der Union geforderte zweijährige Zuwanderungs- und Integrationsbericht bereits in Arbeit. "Er wird im September 2019 veröffentlicht", versprach die Landesbeauftragte.

Inhaltlich bleibe der CDU-Entwurf jedoch an vielen Stellen hinter den Zielen der Landesregierung zurück. Insbesondere, da er sich ausschließlich an Zugewanderte mit sogenannter guter Bleibeperspektive richte. "Dadurch wird ein Teil der hier lebenden Zugewanderten von jeglichen Integrationsmaßnahmen ausgeschlossen", kritisierte Kruppa. Darüber hinaus bleibe fraglich, was die CDU-Fraktion unter dem im Entwurf geforderten "regeltreuen Verhalten", den "Werten und Normen der abendländischen Kultur" und den "in der heimischen Bevölkerung vorherrschenden Umgangsformen, Sitten und Gebräuchen" verstehe, kritisierte sie.

Die Verfassung, die Gesetze und auch die Freiheitsrechte würden für alle Menschen, die hier lebten, gleichermaßen gelten. Eine besondere "Regeltreue" für Zugewanderte zu fordern, die über das Einhalten der Rechtsordnung hinausgeht, ist aus Sicht der Beauftragten nicht integrationsfördernd.

Rothe-Beinlich erklärte, der Gesetzentwurf "offenbare sehr deutlich eine postkoloniale Sichtweise der CDU auf Menschen mit Migrationshintergrund, die in Thüringen leben". Es sei bezeichnend, dass die Union Migranten grundsätzlich als Menschen begreife, die nur vorübergehend in Thüringen lebten. Die CDU habe kaum Respekt vor der jeweiligen Herkunftskultur. Es gehe der Partei mehr um Assimilierung, als um Integration, so die Grünen-Politikerin.