Bergen-Belsen (epd). Die Historikerin und Medienexpertin Diana Gring sieht die Produktion und die Verwendung dreidimensionaler "Hologramme" von Holocaust-Überlebenden äußerst kritisch. Die Angst davor, in wenigen Jahren ohne Zeitzeugen in der Erinnerungskultur auskommen zu müssen, dürfe nicht zu Inszenierungen führen, die eine authentische Begegnung nur vorgaukelten, sagte die Kuratorin der niedersächsischen KZ-Gedenkstätte Bergen-Belsen bei Celle dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die amerikanische Shoah Foundation der Universität in Los Angeles arbeitet seit einigen Jahren mit Hologrammen von Holocaust-Überlebenden. Dafür werden Zeitzeugen bei der Beantwortung Hunderter Fragen zu ihrem Schicksal von bis zu 50 Kameras gefilmt. Später werden die Aufnahmen zu einem zwei- oder dreidimensionalen Hologramm des Zeitzeugen zusammengestellt. Auf eine Bühne projiziert, kann es spontane Fragen von Betrachtern beantworten. Diesen scheint es, als sitze der Überlebende tatsächlich vor ihnen. In den USA arbeiten bereits einige Museen mit solchen Hologrammen. In Deutschland werden sie kontrovers diskutiert.
Mit Erzählungen sensibel umgehen
Gring sagte, der Respekt vor dem immensen Leid der Überlebenden gebiete es, mit deren Erzählungen sensibel umzugehen. "Man sollte sich nicht von der Wahrheit entfernen und versuchen, diese Menschen künstlich am Leben zu halten", erklärte sie. Sie fürchte, solche Projekte böten Raum für Manipulationen und spielten somit Holocaust-Leugnern in die Hände. Überlebende, die sich darauf einließen, könnten die Folgen möglicherweise noch gar nicht abschätzen.
Die Kuratorin und ihre Kollegen haben in den vergangenen 20 Jahren mehr als 450 Interviews mit Überlebenden des Konzentrationslagers Bergen-Belsen geführt und aufgezeichnet. "Das sind historische Quellen, die in den historischen Kontext eingeordnet werden müssen", sagte Gring. Bewusst hätten sie die Filme nicht in Internet-Portale eingestellt.
Ethisch-moralische Standards
Natürlich arbeite auch ihre Gedenkstätte mit Multimedia-Präsentationen und digitaler Technik, um das Interesse besonders der jungen Menschen zu wecken. Aber das dürfe nicht unreflektiert geschehen, forderte die Historikern: "Bildungseinrichtungen, Gedenkstätten und Schulen müssen sich ethisch-moralische Standards setzen, anstatt das technisch Mögliche bis ins Letzte auszureizen."
Gring äußerte darüber hinaus Zweifel, "dass sich Nähe erzeugen lässt, wenn man eine Begegnung nur vortäuscht". Die Filmaufnahmen der Zeitzeugen-Interviews hingegen seien ein "großer Schatz" tatsächlicher authentischer Dokumente.