Erfurt (epd). Die rot-rot-grüne Landesregierung hat den Minister für Kultur, Bundes- und Europaangelegenheiten und Chef der Staatskanzlei, Benjamin-Immanuel Hoff (Linke), zum Beauftragten für jüdisches Leben in Thüringen und die Bekämpfung des Antisemitismus berufen. Er werde in seiner zusätzlichen Funktion künftig die Aktivitäten der Landesregierung zur Unterstützung jüdischen Lebens in Thüringen koordinieren, sagte Vize-Regierungssprecherin Marion Wermann nach einer Kabinettssitzung am 22. Januar in Erfurt.
Zu seinen Aufgaben zähle auch, das Vorgehen des Landes gegen Antisemitismus und Rassismus zwischen den Ministerien abzustimmen. Mit der Berufung Hoffs wolle Rot-Rot-Grün zudem über das Gewähren des spezifischen Schutzanliegens hinaus auch ein Zeichen "gegen die Verrohung des Umgangs miteinander innerhalb der Gesellschaft setzen", so Wermann.
Der Entscheidung, einen Antisemitismus-Beauftragten einzusetzen, sei ein intensiver Erörterungsprozess vorausgegangen. Wermann verwies dabei auch auf eine Kabinettsitzung im November 2018, an der neben dem Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus, Felix Klein, auch der Vorsitzende der Jüdischen Landesgemeinde Thüringen, Reinhard Schramm, und die Chefs der Stiftungen Ettersberg, Jörg Ganzenmüller, und Gedenkstätten Buchenwald und Mittelbau-Dora, Volkhard Knigge, als Gäste teilgenommen hatten.
Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) hatte zunächst die Einführung eines Landesbeauftragten abgelehnt. Er begründete seine Sicht damit, dass sich die Landesregierung bereits seit Jahren in besonderer Weise für die Bekämpfung des Antisemitismus - etwa auf Basis der Erhebungen des Thüringen-Monitors und mit vielfältigen Festlegungen im Koalitionsvertrag in fast allen Ressortbereichen - engagiere.
Derweil ist Antisemitismus in den Augen jedes zweiten EU-Bürgers ein Problem in seinem Land. In Deutschland halten sogar zwei Drittel der Menschen Antisemitismus für ein Problem, geht aus einer am Dienstag von der EU-Kommission in Brüssel veröffentlichten Umfrage hervor. 61 Prozent der befragten Bundesbürger schätzten dabei den Grad des Antisemitismus in Deutschland als schlimmer als vor fünf Jahren ein. Bei der Umfrage in den 28 EU-Staaten wurden im Dezember 2018 rund 27.500 Menschen befragt, etwa 1.500 davon in Deutschland.