Erfurt (epd). Mit einer Kranzniederlegung auf dem Appellplatz des früheren KZ Buchenwald bei Weimar hat Thüringen am 25. Januar der Opfer des Nationalsozialismus gedacht. "Wir trauern hier mit den Überlebenden, nicht mit denen, die versuchen, die Erinnerung zu verwischen", sagte der Sprecher der Stiftung Buchenwald und Mittelbau-Dora, Rikola-Gunnar Lüttgenau, in einer kurzen Ansprache. Er spielte damit auf die Thüringer AfD-Landtagsabgeordneten an, die am Donnerstag von der Gedenkstätte zu unerwünschten Personen erklärt worden waren.
In einem von Gedenkstättenchef Volkhard Knigge unterzeichneten Brief an die AfD-Fraktion hieß es, man wolle die Parlamentarier darüber informieren, "dass Sie als Vertreter Ihrer Partei bei der Kranzniederlegung zu Ehren der Opfer des Nationalsozialismus auf dem ehemaligen Appellplatz des Konzentrationslagers Buchenwald nicht willkommen sind". Damit hat die Gedenkstätte das seit 2017 bestehende Hausverbot für Thüringens AfD-Partei- und Fraktionschef Björn Höcke faktisch auf die anderen sechs AfD-Landtagsabgeordneten ausgeweitet.
In dem Brief, der am Donnerstag im Thüringer Landtag einging, bezieht sich Knigge direkt auf Höckes Dresdner Rede vor zwei Jahren, in der dieser die Erinnerung an die nationalsozialistischen Verbrechen als "dämliche Bewältigungspolitik" diffamiert und eine "erinnerungspolitische Wende um 180 Grad" gefordert habe. Höcke halte bis heute an seiner Haltung fest, so Knigge. Auch aus der Fraktion sei keinerlei Distanzierung von seinen Positionen bekanntgeworden. Deshalb könne konstatiert werden, "wer sich innerhalb der AfD nicht glaubhaft gegen solche Positionen und das damit verbundene verharmlosende, relativierende Geschichtsbild wendet, unterstützt sie", so der Gedenkstättendirektor.
Zudem werde inzwischen Höckes innerparteiliches Netzwerk "Der Flügel" vom Bundesamt für Verfassungsschutz als "extremistische Bestrebung" beobachtet.
Die AfD reagierte mit Unverständnis auf die Ausladung. Man habe über die Jahre gezeigt, dass Partei und Fraktion ein aufrichtiges und nicht politisch instrumentalisiertes Gedenken an die Opfer des Nationalsozialismus ein wichtiges Anliegen sei, erklärte Stefan Möller, der gemeinsam mit Höcke den Thüringer Landesverband anführt. "Herr Knigge ist jedoch seinen politischen Freund-Feind-Kategorien derart verhaftet, dass er nicht einmal an einem derart wichtigen Gedenktag Brücken bauen kann", so Möller.
Bereits am Vormittag hatte Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) die Opfer der nationalsozialistischen Schreckensherrschaft gewürdigt. Ihrer zu gedenken, gehöre zu den moralischen Pflichten unserer freiheitlichen Gesellschaft, sagte der Linken-Politiker in einer Gedenkstunde des Thüringer Landtags im Beisein der Überlebenden des KZ Buchenwald Eva Pusztai, Günter Pappenheim und Heinrich Rotmensch. Die Gedenkrede hielt der Historiker Götz Aly.
Anlass der Veranstaltungen ist der Internationale Holocaust-Gedenktag am Sonntag. Der Gedenktag für die Opfer des Nationalsozialismus wurde 1996 vom damaligen Bundespräsidenten Roman Herzog proklamiert und auf den 27. Januar festgelegt. An diesem Tag war 1945 das Vernichtungslager Auschwitz von sowjetischen Truppen befreit worden. Die Vereinten Nationen riefen 2005 den 27. Januar als Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Holocaust aus. Seit 2006 wird er weltweit begangen.