Brüssel (epd). Die EU setzt sich für 2030 ein neues Klimaziel von mindestens 55 Prozent weniger Treibhausgasen als 1990. Nach einer Nachtsitzung einigten sich Unterhändler von Europaparlament und Ministerrat am frühen 21. April auf das entsprechende Gesetz, das noch von Parlamentsplenum und Rat bestätigt werden muss. Umweltschützern geht die Marke nicht weit genug.
Bei dem neuen Ziel hat sich der Ministerrat als Vertretung der Regierungen in wichtigen Punkten durchgesetzt. Er wollte minus mindestens 55 Prozent Emissionen, wie es auch die Kommission vorgeschlagen hatte, während das Europaparlament auf minus 60 Prozent aus war. Außerdem handelt es sich nun, wie vom Rat gewollt, um ein Netto-Ziel. Damit kann die Aufnahme von Treibhausgasen durch sogenannte Senken wie zum Beispiel Wälder bis zu einer bestimmten Höhe angerechnet werden. Der reine Ausstoß muss deswegen nicht um 55 Prozent zurückgehen.
Die Einigung beinhaltet auch das weniger umstrittene langfristige Ziel der Klimaneutralität für 2050. Ab der Jahrhundertmitte dürften dann nicht mehr Treibhausgase ausgestoßen werden, als durch Senken aufgenommen werden.
EU-Ratspräsidentschaft erfreut
Die portugiesische EU-Ratspräsidentschaft zeigte sich erfreut. Man könne stolz auf ein ehrgeiziges Klimaziel sein, erklärte Umweltminister João Pedro Matos Fernandes. Auch Kommissionschefin Ursula von der Leyen begrüßte die Einigung, ebenso wie der CDU-Klimaexperte und Europaabgeordnete Peter Liese, der sie "historisch" nannte.
In Berlin lobten sowohl Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) und Umweltministerin Svenja Schulze (SPD) die Einigung. Altmaier erklärte: "Wir haben mit klaren langfristigen Zielsetzungen jetzt die einmalige Chance, Klimaschutz und Wirtschaft gemeinsam voranzubringen und zu versöhnen." Schulze forderte: "Für Deutschland bedeutet der Beschluss, dass auch wir unser Tempo beim Klimaschutz deutlich erhöhen werden. Der Ausbau von Sonnen- und Windkraft muss beschleunigt werden, der Kohleausstieg wird schneller kommen als bisher geplant."
Kritik kam von den Grünen, der Europaabgeordnete Michael Bloss äußerte: "Das Europäische Klimagesetz reicht nicht, um die Pariser Klimaziele zu erreichen." Auch Umweltschützer zeigten sich unzufrieden. "Am Ende steht leider nur ein weichgespülter Kompromiss", erklärte der WWF Deutschland. Laut Greenpeace ist die Einigung "nicht viel besser als business as usual".
Das Klimagesetz mit den Marken für 2030 und 2050 wird den Rahmen für die EU-Klimapolitik setzen. Ausgefüllt werden muss es durch konkrete Maßnahmen. Hierzu will die EU-Kommission im Juni oder Anfang Juli ein Gesetzespaket vorlegen. Dabei dürfte es unter anderem um eine Ausweitung des Emissionshandels gehen. Mit Blick auf die konkreten Maßnahmen machte der Verband der Chemischen Industrie (VCI) bereits geltend, Industrie und Energiewirtschaft hätten bereits "überproportional zur Emissionsminderung beigetragen. Auch die anderen Sektoren müssen jetzt ihren fairen Beitrag leisten".