München (epd). Kinder aus Familien in schwieriger finanzieller Lage hat die Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 besonders stark getroffen. Unter ihnen fühlten sich mehr Kinder einsam (48 Prozent) als solche aus Familien, die angaben, von ihrem Einkommen gut leben zu können (22 Prozent), wie eine am 21. Dezember in München veröffentlichte Studie des Deutschen Jugendinstituts (DJI) zeigt. Außerdem hatte ein größerer Anteil der Kinder aus ärmeren Familien in auffälligem Maße mit emotionalen Problemen wie Niedergeschlagenheit, Ängsten und Sorgen (44 im Vergleich zu 18 Prozent) sowie Hyperaktivität (39 im Vergleich zu 22 Prozent) zu kämpfen - und zwar umso mehr, je angespannter die Eltern ihre wirtschaftliche Situation empfanden.
"Familien mit finanziellen Sorgen haben sich an unserer Studie nur unterdurchschnittlich stark beteiligt. Dennoch zeigen die Daten, dass sie mehr unter der Pandemie leiden", sagte Studienleiterin Alexandra Langmeyer. Sie fordert deshalb politische Maßnahmen, die Familien finanziell entlasten und sozialen Unterschieden entgegenwirken.
Auch der Bildungsgrad der Eltern spielt laut Umfrage eine Rolle dabei, wie Kinder Kontaktbeschränkungen bewältigen: Bei der DJI-Befragung gaben mehr Eltern mit maximal mittlerem Bildungsabschluss an, dass ihre Kinder Schwierigkeiten hatten, als Eltern mit hohem Bildungsabschluss (42 Prozent im Vergleich zu 29 Prozent).
Die Studienergebnisse machen laut DJI deutlich, was zu einer guten Krisen-Bewältigung betragen kann: Der Anteil der Kinder, die mit der Situation gut zurechtkamen, war unter denjenigen höher, die in regelmäßigem Kontakt mit ihren Großeltern standen. Unter den Kindern in der Sekundarstufe hatten diejenigen Vorteile, die mit Lehrkräften im Austausch blieben. Alle Kinder und Jugendlichen fühlten sich durch häufige Kontakte zu pädagogischen Fachkräften und Lehrkräften zudem weniger einsam.
Konfrontation mit Ängsten
Kinder und Jugendliche machten den Studienergebnissen zufolge insbesondere die Trennung von Freunden, das Fehlen des gewohnten (Schul-)Alltags und der Mangel an Freizeitaktivitäten zu schaffen. Aus den Interviews geht zudem hervor, dass sie durch Corona verstärkt mit Ängsten konfrontiert sind. Mehr gemeinsame Zeit mit der Familie und einen weniger eng getakteten Alltag erlebten viele hingegen positiv. Gemeinsame Aktivitäten und Mahlzeiten sowie mehr Zeit mit den Vätern hoben viele Kinder in diesem Zusammenhang hervor.
Insgesamt kamen die meisten gut mit den Kontaktbeschränkungen zurecht, immerhin ein Drittel hatte aber Schwierigkeiten. Waren zu Hause Konflikte und Chaos an der Tagessordnung, waren es noch weitaus mehr (53 Prozent). Mehr Konflikte gehen auch mit verstärkten Gefühlen der Einsamkeit und Verhaltensauffälligkeiten bei den Kindern sowie einer stärker empfundenen Belastung der Eltern einher. Deshalb sei es wichtig, Familien in dieser Zeit vermehrt Beratung anzubieten.
Die wichtige Rolle der Familie komme ganz besonders zum Tragen, wenn Kinder - durch eine eigene Infektion oder durch Infektionsfälle in der Kita-Gruppe oder Klasse - in Quarantäne müssen, schreiben die Studienautorinnen und -autoren in ihrem Fazit. Zur besseren Unterstützung fordern sie Informationen der Gesundheitsämter für Eltern darüber, wie sie die Zeit der Quarantäne ihrer Kinder gestalten können.
An der Online-Befragung "Kind sein in Zeiten von Corona" des DJI hatten sich zwischen Ende April und Ende Mai bundesweit mehr als 12.000 Eltern von Kindern im Alter von drei bis 15 Jahren beteiligt haben. Außerdem wurden in 21 Familien ein Kind im Alter von sechs bis 14 Jahren und jeweils ein Elternteil ausführlich interviewt.