Trotz Lockdown und Kontaktbeschränkungen werden in vielen christlichen Gemeinden an Heiligabend Präsenzgottesdienste unter strengen Hygieneregeln stattfinden können. Hygienekonzepte mit Mindestabständen, Mund-Nasen-Schutz, Gesangsverbot und vielerorts auch Anmeldepflicht sollen das Ansteckungsrisiko für eine Corona-Infektion minimieren, teilten die evangelischen Landeskirchen und katholischen Bistümer mehrheitlich am 16. Dezember mit. Diese sind nach einer Vereinbarung zwischen Religionsvertretern und dem Bund die Voraussetzung dafür, dass überhaupt Gottesdienste stattfinden dürfen. Ähnliche Regeln gelten in vielen Gemeinden seit Monaten.

Eine Mehrheit der 20 evangelischen Landeskirchen und 27 katholischen Bistümer sprach sich am 16. Dezember dafür aus, Gottesdienste an Heiligabend und Weihnachten stattfinden zu lassen. Ausnahmen sind bislang die Evangelische Kirche von Westfalen und die Lippische Landeskirche, wo Gemeinden aufgerufen sind, bis zum 10. Januar auf Gottesdienste in Kirchen, Gemeindehäusern oder unter freiem Himmel zu verzichten. In einem Verzicht sehe die Kirche angesichts der Entwicklung der Infektionszahlen ihren "Auftrag, der Liebe Gottes zu den Menschen zu entsprechen", erklärte die westfälische Kirche am Abend des 15. Dezember. Die Entscheidungen anderer evangelischer Landeskirchen und katholischer Bistümer würden aber respektiert.

Die sächsische Landeskirche äußerte sich ebenfalls vorsichtig. Gemeinden müssten abwägen. Was möglich sei, müsse nicht voll ausgeschöpft werden, hieß es in einer Mitteilung vom 16. Dezember. Sachsen verzeichnet derzeit sehr hohe Inzidenzen bei Neuinfektionen mit dem Coronavirus.

Rekowski: Gemeinden entscheiden

In der mitgliederstärksten evangelischen Landeskirche, der Landeskirche Hannover, bleibe man bei der Linie, Gottesdienste mit Besuchern am Heiligabend nicht abzusagen, teilte dagegen die Evangelisch-lutherische Landeskirche Hannovers dem Evangelischen Pressedienst (epd) am 16. Dezember mit. Die 20 evangelischen Landeskirchen hatten verabredet, die Entscheidung über Präsenzgottesdienste den einzelnen Gemeinden zu überlassen. So sprachen sich mehrere leitende Geistliche, darunter der rheinische Präses Manfred Rekowski, für diese Lösung aus. Aber es gebe nicht den einzig richtigen Weg, betonte er. In der hessen-naussauischen, der pfälzischen, der badischen und der württembergischen Kirche gilt Vergleichbares. Viele katholische Bistümer unterstützen die Möglichkeit zum Gottesdienstbesuch, etwa die Bistümer Köln, Essen, Münster, Speyer und Trier.

Die Landesbischöfin der Nordkirche, Kristina Kühnbaum-Schmidt, betonte die hohe Verantwortung der Gemeinden vor Ort. Sie habe großes Verständnis, wenn Gemeinden ihre Präsenzgottesdienste an Weihnachten absagen, sagte sie in einer Videobotschaft an die Gemeinden. Im Zweifel sollten Gottesdienste eher abgesagt werden.

Ausgangssperre verhindert Christmetten

Nach Einschätzung des Ratsvorsitzenden der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und bayerischen Landesbischofs, Heinrich Bedford-Strohm, sind Präsenzgottesdienste keine Voraussetzung für die Verbreitung der christlichen Weihnachtsbotschaft, doch auch in Bayern sind evangelische Gottesdienste zu Weihnachten möglich. Bedford-Strohm hatte bereits am 15. Dezember auf Facebook mitgeteilt, dass man sich aber an die Ausgangssperre in Bayern halten werde. Damit entfallen traditionelle Christmetten in der Weihnachtsnacht. Die katholischen Bistümer hingegen hatten Ausnahmen für die Christmetten gefordert. Im benachbarten Baden-Württemberg etwa werden Ausnahmen für Christmetten von der Ausgangssperre gemacht, und auch in Hessen wird an Heiligabend der Beginn der Ausgangssperre in betroffenen Kommunen auf 24 Uhr verschoben.

Der Bund-Länder-Beschluss vom 13. Dezember hatte zu einer erneuten Diskussion darüber geführt, ob Gottesdienste abgesagt werden müssen. Das Angebot von Gottesdienstübertragungen im Fernsehen und Radio sowie im Internet wurde bereits ausgeweitet.