Bielefeld (epd). Die westfälische Präses Annette Kurschus hat sich besorgt über die Situation von Flüchtlingen in der Corona-Pandemie geäußert. Schärfere Corona-Regelungen dürften nicht zu Einschränkungen der Menschrechte in den Einrichtungen führen, sagte die Präses am 17. Dezember bei einem Online-Gespräch mit Menschen, die sich für die Unterstützung von Flüchtlingen in den Landeseinrichtungen engagieren. Kurschus, die auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) ist, plädierte dafür, dass Kirche in den zentralen Unterbringungseinrichtungen Kirche präsenter sein solle.
In dem Online-Gespräch mit der Präses hatten mehrere in der Flüchtlingsbetreuung engagierte Menschen kritisiert, dass durch schärfere Corona-Regelungen die Rechte von Geflüchteten in den zentralen Einrichtungen stark beschnitten würden. So seien Kontakte zu Flüchtlingen stark eingeschränkt, Beschwerden würden nicht mehr bearbeitet und es gebe kaum Informationen über Möglichkeiten der Unterstützung.
Landeskirchenrat: Es darf in Flüchtlingseinrichtungen keine "toten Winkel" geben
Landeskirchenrat Jan-Dirk Döhling, Leiter des Dezernats für gesellschaftliche Verantwortung, erklärte, es dürfe in den Flüchtlingseinrichtungen keine "toten Winkel" geben, in denen de facto rechtsfreie Räume entstünden. Döhling plädierte dafür, dass die zentrale Flüchtlingsunterkünfte flächendeckend regelmäßig von Vertretern der Kirche besucht werden sollten. Es sei wichtig, den Menschen in den Flüchtlinseinrichtungen das Gefühl zu vermitteln, dass die Öffentlichkeit daran interessiert sei, was dort geschehe.
Eine Frau, die bis vor wenigen Tagen in einer Zentralen Unterbringungseinrichtung gelebt hat, berichtete, dass bereits geplante Verteilungen von geflüchteten Menschen auf die Kommunen in der Corona-Pandemie immer weiter verzögert würden. Viele Menschen in der Einrichtung lebten in Unsicherheit und Angst. Das verursache aggressives Verhalten bei den Flüchtlingen. Eine stärkere Aggressivität gebe es aber auch bei den Mitarbeitern der Einrichtung.
Vertreter der Flüchtlingshilfe beklagten zudem, dass Flüchtlinge ihre Räume nicht verlassen dürften, wenn nicht genug Personal zur Verfügung stünde. Auch würden willkürlich lange Quarantäne-Zeiten angeordnet. Vorgeschlagen wurde unter anderem die Einrichtung von Beiräten für die jeweiligen Landeseinrichtungen. Diese sollten eine Öffnung zur Zivilgesellschaft ermöglichen.
Kurschus dankte ausdrücklich den Menschen, die sich für Unterstützung und Beratung von Flüchtlingen in den Landeseinrichtungen engagieren. Mit einer Reihe digitaler Gespräche tauscht sich die westfälische Präses Kurschus mit Berufsgruppen und gesellschaftlichen Bereichen über die Auswirkungen der Corona-Schutzmaßnahmen aus. Bis Weihnachten sind weitere "Lockdown-Gespräche" unter anderem mit Medizinern und Pflegekräften geplant.