Der Direktor des Instituts der deutschen Wirtschaft (IW), Michael Hüther, macht einen "Identitätsegoismus" für die zunehmende Spaltung der deutschen Gesellschaft in der Corona-Krise verantwortlich. Der öffentliche Raum sei Grundelement einer demokratischen Gesellschaft, in dem die Menschen ihre Alltagsprobleme erörtern und Lösungen aushandeln könnten, sagte der IW-Chef am 26. August in Münster. Das Funktionieren einer öffentlich geführten Debatte hänge aber entscheidend davon ab, dass die Akteure Verantwortung tragen. Das bedeutet seiner Ansicht auch, angesichts der Pandemie Einschränkungen zu akzeptieren und zum Beispiel Masken zu tragen. "Sicherheit im öffentlichen Raum ist elementar", betonte Hüther.

Der Wirtschaftsexperte ist zuversichtlich, dass die Bundesrepublik gut aus der Corona-Krise kommen wird. Deutschland verfüge wirtschaftlich über gute Voraussetzungen, die durch den Lockdown entstandene schwierige Situation zu meistern, sagte er. Dagegen fehle es in der Bevölkerung an "institutionellem Vertrauen", beklagte Hüther. Die Regierung habe in der Krise Handlungsfähigkeit bewiesen und "vieles richtig gemacht". Aber der Staat könne nur begrenzt Sicherheit geben, sagte er. Er plädierte er insgesamt für mehr Demut beim Umgang mit bedrohlichen Krankheiten und zitierte den Reformator Martin Luther: "Mitten im Leben sind wir vom Tod umgeben."

Der IW-Chef sprach im Rahmen der "Domgedanken" im St.-Paulus-Dom in Münster. Die Vortragsreihe des Bistums Münster steht in diesem Jahr unter dem Motto "Zurück zum Leben mit Corona - Fünf Abende der Hoffnung" und findet noch bis zum 9. September jeweils mittwochs statt. Als Referenten werden bei den letzten beiden Terminen die Kölner Medizinethikerin Christiane Woopen und das Vorstandsmitglied für Innovation und Technologie bei der Deutschen Telekom, Claudia Nemat, erwartet.