Erkelenz (epd). Bis zu 3.000 Menschen haben nach Veranstalterangaben am 30. August am Braunkohle-Tagebau Garzweiler II gegen die Abbaggerung der angrenzenden Dörfer und für einen schnelleren Ausstieg aus der Kohleverstromung demonstriert. Die Demo unter dem Motto "Alle Dörfer bleiben! Jetzt erst recht!" führte durch die Dörfer Keyenberg, Immerath und Lützerath, wie das Organisationsbündnis mitteilte. Die Teilnehmer bildeten einen schützenden Ring um das Dorf Lützerath, das den Angaben zufolge noch in diesem Jahr dem Tagebau zum Opfer fallen soll. Nach Angaben der Polizei in Aachen verlief die Versammlung ohne Zwischenfälle. Allerdings schätzten die Beamten die Zahl der Teilnehmer auf lediglich etwa 1.000.
Zu einem Polizeieinsatz kam es am frühen Morgen: Etwa ein Dutzend Aktivisten von "Extinction Rebellion" waren demnach auf das Gelände des Tagebaus Garzweiler II vorgedrungen und hatten einen Schaufelradbagger besetzt. Damit sollte auf die lebensbedrohlichen Folgen der Braunkohleverstromung aufmerksam machen, wie die Klimainitiative mitteilte.
Aktion mit Kunstblut
Mehrere Beteiligte stiegen auf den Bagger. Einige Aktivisten ketteten sich an, teilweise übergossen sie sich auch mit Kunstblut. Die Aktion stehe sinnbildlich für den Tod von Millionen von Menschen, der durch die klimatischen Folgen der Braunkohleverstromung verursacht werde, hieß es. Die Polizei stellte die Personalien der Teilnehmer fest oder hielt sie zunächst fest, weil sich einige Aktivisten weigerten, ihre Daten anzugeben. Das Bündnis "Alle Dörfer bleiben!" begrüßte die Aktion von "Extinction Rebellion" grundsätzlich, wies jedoch darauf hin, dass diese nicht Teil ihrer Kundgebungen sei.
Auf der späteren Demonstration wurde denn auch der beschlossene Ausstieg aus der Kohleverstromung als zu zögerlich kritisiert. "Während uns die Nachrichten von Arktisschmelze und sterbenden Wäldern erschüttern, fällt der Bundesregierung nichts anderes ein, als den klimafeindlichen Kohleabbau für 18 weitere Jahre festzuschreiben", sagte Alexandra Brüne vom Bündnis auf der Kundgebung.
Dorfbewohnerin spricht von "Zwangsumsiedlungen"
Mit Aktionen wie die Menschenkette am 30. August will das Bündnis von Tagebaubetroffenen sowie Umwelt- und Klimaschützern die geplante Abbaggerung der Dörfer am Tagebau verhindern. Laut Bündnissprecher Christopher Laumanns sind im Bereich von Garzweiler II derzeit noch sechs Dörfer bedroht. In ihnen lebten momentan noch "mehrere Hundert" Menschen, ursprünglich seien es einmal rund 1.500 gewesen.
Britta Kox aus dem betroffenen Dorf Berverath erklärte, sie werde als Mutter von vier Kindern die "Zwangsumsiedlungen" der Anwohner nicht zulassen: "Der heutige Tag zeigt, dass die Klimabewegung sich mit uns den Baggern entgegenstellt!"
Der Tagebau Garzweiler II gehört zu den Abbaugebieten des Rheinischen Braunkohlereviers. Ursprünglich war ein Betrieb bis 2045 geplant. Trotz des inzwischen beschlossenen Kohleausstiegs bis spätestens 2038 sollen die verbleibenden Orte noch im Laufe der kommenden Jahre abgebaggert und die Bewohner umgesiedelt werden.