Nach dem erneuten Lockdown in den nordrhein-westfälischen Kreisen Gütersloh und Warendorf sind evangelische Kirchengemeinden in der Region aufgerufen, freiwillig auf öffentliche Gottesdienste und Feiern bis Ende des Monats zu verzichten. "Angesichts der ungewissen Gesamtsituation spreche ich schweren Herzens die Empfehlung an die Presbyterien auf dem Gebiet der Kreise Gütersloh und Warendorf aus, ihre Gottesdienste am Sonntag abzusagen", erklärte der Gütersloher Superintendent Frank Schneider am 24. Juni. Auch geplante Gottesdienste zum Ende des Kindergartenjahres und zum Schulabschluss sollten seiner Ansicht nach nicht stattfinden.

Schneider rief die Gemeinden zugleich dazu auf, die Kirchen vor Ort für Besucher geöffnet zu halten. "Es sollte jemand vor Ort sein, bereit sein für Gespräch und Beistand. Ein geistliches Wort, ein Segen in ungewisser Zeit", betonte er.

Online-Gottesdienste, Podcast und Telefonandacht

"Selbstverständlich unterstützen wir die Maßnahmen der neuen Verordnung und leisten so unseren Beitrag zum Infektionsschutz und zur Notwendigkeit, Infektionsketten nachvollziehbar zu machen", erklärte der Superintendent Walter Hempelmann des benachbarten Kirchenkreises Halle in Westfalen. Die beiden Superintendenten wiesen darauf hin, dass die bis 30. Juni geltende Coronaregionalverordnung keine Beschränkungen für gottesdienstliche Versammlungen enthalte. Nach wie vor gelten hier die Corona-Schutzbestimmungen der Kirchen vom Mai. Dazu gehören Mindestabstände zwischen den Gottesdienstbesuchern, eine Begrenzung der Teilnehmerzahl sowie Verzicht auf lautes Singen. Zudem sollen ausreichend Desinfektionsmittel bereitgestellt sein.

Mehrere Kirchengemeinden in der Region haben laut Kirchenkreis Gütersloh bereits ihre Gottesdienste abgesagt, darunter die evangelische Versöhnungs-Kirchengemeinde in Rheda-Wiedenbrück. "Den Lockdown für den Kreis haben wir erwartet und doch fällt es uns diesmal schwer, den gemeinschaftlichen Gottesdienst abzusagen", sagte der Vorsitzende des Presbyteriums Martin Wachter. Die Pfarrerinnen und Pfarrer stünden auf Wunsch für das persönliche Gespräch und Gebet zur Verfügung. Im Internet seien verschiedene Online-Gottesdienste der Gemeinde und der Podcast "Glaube aufs Ohr" abrufbar. Zudem sei für ältere Mitglieder eine Telefonandacht geplant.

Sorge gilt auch Tönnies-Beschäftigten

Die Sorge gelte neben den Mitgliedern der Versöhnungsgemeinde auch den größtenteils osteuropäischen Beschäftigten der Großfleischerei Tönnies, hieß es. Nach dem massiven Corona-Ausbruch in dem Schlachtbetrieb in Rheda-Wiedenbrück müssten sie fern der Heimat nun in Quarantäne die Rechnung für ein ungerechtes Arbeitssystem bezahlen. Die westfälische Präses Annette Kurschus hatte zuvor vor Ressentiments der Bevölkerung gegenüber ausländischen Werksarbeitern gewarnt.

Auch in der evangelischen Kirchengemeinde Warendorf im benachbarten Kreis wird vorerst kein öffentlicher Gottesdienst stattfinden. Die Gemeinde der Christuskirche streamt ihre Gottesdienste inzwischen sehr professionell, so dass die Menschen weiter digital Gottesdienst feiern können, wie die Öffentlichkeitsreferentin vom zuständigen Kirchenkreis Münster, Kathrin Neuhaus-Dechow, mitteilte. Zuvor hatten schon der Kirchenkreis Gütersloh und Halle erklärt, dass vorerst größtenteils auf gottesdienstliche Versammlungen verzichtet wird.

Das Erzbistum Paderborn rät seinen katholischen Pfarreien im Dekanat Rietberg-Wiedenbrück nicht grundsätzlich von Gottesdiensten ab. Laut Verordnung des Kreises Gütersloh könnten öffentliche Gottesdienste weiter stattfinden, heißt es in einer Handlungsempfehlung des Erzbistums.

Generalvikar: Gottesdienste politisch gewollt

"Es ist auch seitens der Staatskanzlei juristisch und politisch gewollt, Gottesdienste nicht zu verbieten", unterstrich zudem der Generalvikar des benachbarten Bistums Münster, Klaus Winterkamp. Er appellierte an die Gemeindemitglieder, sich an die Hygiene- und Abstandsvorschriften zu halten. Das Bistum akzeptiere aber Entscheidungen von verantwortlichen Gremien der Pfarreien, freiwillig auf die Feier von Gottesdiensten zu verzichten, heißt es in einem Schreiben an die Gemeinden.

Um den Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb der Firma Tönnies in Rheda-Wiedenbrück einzudämmen, ist das öffentliche Leben in den Kreisen Gütersloh und Warendorf seit Mittwoch wieder eingeschränkt. Die Bürgerinnen und Bürger dürfen in der Öffentlichkeit nur zu zweit oder mit Menschen des eigenen Hausstands unterwegs sein. Sport und Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen sind ebenso untersagt wie Konzerte und Aufführungen. Restaurants und Geschäfte haben aber geöffnet.