Düsseldorf (epd). Die NRW-Landesregierung habe die Verfolgung von sexuellem Kindesmissbrauch zu einem Schwerpunkt ihrer Polizeiarbeit gemacht, erklärte der evangelische Theologe. Im Jahr 2019 wurden nach Angaben des Landeskriminalamts fast 5.000 Fälle von sexueller Gewalt und Kinderpornografie erfasst. Etwa 80 Prozent seien aufgeklärt worden. Die Auswerter und Analysten der Bilder und Datenträger, denen diese Ermittlungserfolge auch zu verdanken seien, seien zur Inanspruchnahme psychologischer Begleitung verpflichtet.
Viele Stunden täglich betrachteten etwa 100 Polizistinnen und Polizisten Bilder und Filme mit Szenen von Gewalt an Kindern, berichtete der ehemalige Gemeindepfarrer erläutert, der inzwischen für drei Landesoberhörden der Polizei für die Polizeiseelsorge zuständig ist. Um das auszuhalten und im eigenen Leben von den Eindrücken nicht überschwemmt zu werden, sei der wichtigste Schutz, "den Sinn ihrer Arbeit zu erkennen und zu wissen, dass sie sich den Bildern aussetzen, damit nicht noch mehr Kinder Opfer sexueller Gewalt werden".
Neben brutalen Gewalt- und Pornografiedarstellungen seien bestimmte Szenen für viele Ermittler besonders schwer zu ertragen. "Das sind Videos, auf denen die Kinder lächeln, in die Kamera gucken und dabei missbraucht werden." Diese Kinder seien so "verdreht sind von ihren Emotionen, dass die alles dafür tun, um dem Papa oder Onkel oder dem Freund, den sie lieben und der sie verwöhnt, einen Gefallen zu tun".
Zu Beginn ihrer Auswertungstätigkeit lernten die Ermittler, genau auf die Wirkung der Bilder zu achten. "Das ist so eine Art Weckruf am Anfang", sagte Bredt-Dehnen. Geschult würden sie auch, auf ihr Wohlbefinden zu achten. Um auf die Dauer die Szenen ertragen zu können, müssten sie kleine Veränderungen an sich wahrnehmen. Schließlich müssten sie ihre intimsten Lebensbereiche vor der Macht der brutalen Bilder schützen. Die Ermittlungsarbeit dürfe nicht das innerste Familienleben belasten. "Ob das nun der Umgang mit den eigenen Kindern ist, der weiter herzlich nah und auch körperlich sein muss, oder ob das auch die eigene Sexualität ist."
Tatsächlich sei es Analysten möglich, sich nach den Stunden am Bildschirm wieder von den Eindrücken zu distanzieren. "Das ist ungefähr so, wie ein Feuerwehrmann oder eine Sanitäterin nach einem Einsatz auch nicht mehr ständig an ein Unfallopfer denkt", erläuterte der Landespolizeiseelsorger, der wie alle acht Polizeiseelsorgerinnen und Seelsorger der Evangelischen Kirche im Rheinland Menschen in der Begleitung Traumatisierter ausgebildet ist.
Als Christ trage ihn die Gewissheit, dass die Gewalt nicht das letzte Wort hat. "Selbst die Kinder, die da so massiv von Gewalt betroffen sind, sind nicht verloren", zeigte er sich überzeugt. Zwar sei es in manchen Fällen schwer vorstellbar, dass die Jungen und Mädchen in ein weitgehend gesundes Leben hineinwachsen könnten. "Aber manchen gelingt das, nachdem sie aus dieser Gewaltmaschine herausgeholt wurden." Auch für diese Hoffnung arbeiteten die Polizistinnen und Polizisten.