Nach dem Einreiseverbot für Saisonarbeiter vor allem aus Osteuropa wirbt das Land Nordrhein-Westfalen um heimische Ernthelfer. Aufgrund der Corona-Reisebeschränkungen fehlten in den kommenden Wochen in der Landwirtschaft Arbeitskräfte, heißt in einem am 29. März in Düsseldorf veröffentlichten Aufruf von NRW-Landwirtschaftsministerin Ursula Heinen-Esser gemeinsam mit Arbeitsminister Karl-Josef Laumann (beide CDU). "Wir haben eine Lücke von etwa 45.000 dringend benötigten Erntehelferinnen und Erntehelfern." Arbeitnehmer, die sich derzeit in Kurzarbeit befinden, oder andere Interessierte könnten sich in Obst- und Gemüsebetrieben Geld dazu verdienen und gleichzeitig zur Aufrechterhaltung der Versorgungssicherheit beitragen.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) hatte in der vergangenen Woche angeordnet, dass Erntehelfer und Saisonarbeiter wegen der Corona-Krise nicht mehr nach Deutschland einreisen dürfen. Der Bund hat ein Maßnahmepaket geschnürt, um bäuerlichen Betrieben zu helfen, Ersatzkräfte zu finden. So dürfen etwa Bezieher von BAföG oder Kurzarbeitergeld auch in der Landwirtschaft ohne Anrechnung Geld dazu verdienen. Ausländische Saisonarbeitskräfte, die bereits in Deutschland sind, können in dieser Saison 115 statt wie bisher 70 Tage sozialversicherungsfrei beschäftigt werden. Auch wurde die bundesweite Online-Plattform "www.daslandhilft.de" geschaltet, wo sich Helfer anmelden können.

Online-Plattform "www.daslandhilft.de"

Bundeslandwirtschaftsministerin Klöckner dringt zudem darauf, arbeitslose Asylbewerber insbesondere aus Osteuropa in der Landwirtschaft einzusetzen. Asylbewerber, die bisher ein Beschäftigungsverbot hätten, solle kurzfristig eine Arbeitsaufnahme in der Landwirtschaft ermöglicht werden, sagte sie den Zeitungen der Essener Funke Mediengruppe (23. März). Viele von ihnen kämen aus sicheren Herkunftsländern wie Albanien, Bosnien und Herzegowina, Serbien oder Montenegro. "Sie wollen mit anpacken, sich einbringen", ist sie überzeugt.

NRW-Flüchtlingsminister Joachim Stamp (FDP) unterstützt Klöckners Vorstoß. "Wir brauchen jede helfende Hand", betonte der FDP-Politiker in dem am 29. März veröffentlichten Minister-Appell. Rechtliche Einschränkungen sollten in diesen Fällen verringert werden und der kurzfristige Arbeitseinsatz in der Landwirtschaft unbürokratisch möglich sein.

Künast: Geflüchtete dürfen nicht billige Lückenbüßer sein

Die Grünen-Politikerin Renate forderte für die Asylbewerber, die sich auf den Höfen meldeten, verbindliche Zusagen über die Corona-Pandemie hinaus. "Geflüchtete dürfen nicht nur billige Lückenbüßer sein", sagte sie. "Wer jetzt für das Gemeinwohl einspringt und hart arbeitet, darf nicht befürchten, anschließend abgeschoben zu werden." Zudem müssen die Arbeitsbedingungen in der Landwirtschaft für alle verbessert werden.

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund äußerte sich besorgt über mangelhafte Arbeitsschutzstandards. Auf der Plattform www.daslandhilft.de des Bundes werde der Eindruck erweckt, dass Arbeitsschutz und der gesetzliche Mindestlohn in der Corona-Krise nicht gelten, erklärte die NRW-Landesvorsitzende des DGB, Anja Weber, in einem Brief an Landwirtschaftsministerin Heinen-Esser, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. So sei dort zu lesen, es gebe "keinen pauschalen Stundenlohn", der Verdienst sei "individuell zu vereinbaren". Gesetzliche Vorgaben seien auch in Krisen nicht obsolet, betonte Weber. "Ganz gleich ob es um osteuropäische Saisonarbeiter oder - wie jetzt in der Diskussion - um Geflüchtete oder andere angeworbene Kräfte geht."