Drei Wochen vor der 70. Berlinale hat das neue Leitungsduo Carlo Chatrian und Mariette Rissenbeek die Wettbewerbsfilme bekanntgegeben. Mit Burhan Qurbanis Neuverfilmung des Romans "Berlin Alexanderplatz" und der Liebesgeschichte "Undine" von Christian Petzold gehen zwei deutsche Produktionen über die Hauptstadt in das Rennen um den goldenen und die silbernen Bären. Im Wettbewerb des Festivals vom 20. Februar bis 1. März werden insgesamt 18 Filme zu sehen sein, etwas weniger als bisher.

Anders als sein Vorgänger Dieter Kosslick wollte der künstlerische Leiter Chatrian kein Motto ausgeben. Drei Merkmale des Wettbewerbs seien jedoch, dass Regisseure wie Sally Potter, Qurbani, Hong Sangsoo oder Benoit Delépine erneut vertreten seien und dass es vier Regie-Duos gebe. Alle Filme offenbarten zudem "einen Blick auf die dunkle Seite des Menschen", weil sie eher illusionslos auf die Gegenwart blickten und dem Publikum die Augen öffnen wollten, sagte Chatrian.

Nina Hoss und Lars Eidinger in Schweizer Film

Im Wettbewerb gezeigt wird Potters "The Roads Not Taken" mit Javier Bardem, Elle Fanning und Salma Hayek. Der Koreaner Sangsoo präsentiert "The Woman Who Ran", der Franzose Delépine "Effacer l'historique (Delete History)". In der Schweizer Produktion "Schwesterlein" von Stéphanie Chuat und Véronique Reymond sind Nina Hoss und Lars Eidinger zu sehen. Erstmals dabei ist der Iraner Mohammad Rasoulof mit "There Is No Evil". "Wir hoffen, dass seine Regierung ihm erlauben wird, nach Berlin zu kommen", sagte Chatrian. "Irradiés (Irradiated)" von Rithy Panh aus Kambodscha ist der einzige Dokumentarfilm.

Die Bären werden am 29. Februar im Berlinale Palast vergeben. Den Vorsitz der Internationalen Jury hat der britische Schauspieler Jeremy Irons, die weiteren Mitglieder werden in den kommenden Wochen verkündet.

Ungewöhnlicher Blick auf Holocaust

Eröffnet wird die Berlinale mit "My Salinger Year" von Philippe Falardeau. Die Coming-of-Age-Geschichte schildert die New Yorker Literaturszene der 1990er und porträtiert die junge Schriftstellerin Joana, die als Assistentin der Literaturagentin Margaret (Sigourney Weaver) die Fanpost von Kultautor J.D. Salinger beantwortet. Der Film läuft nicht im Wettbewerb, sondern als Special Gala. Die neue Festivalleitung schaffte die Kategorie "außer Konkurrenz” ab und zeigt Beiträge, die bisher dort liefen, jetzt als Berlinale Special Gala.

In dieser Sektion läuft die dokumentarische Serie "Hillary" über die US-Politikerin Hillary Clinton. Johnny Depp spielt in "Minamata" den US-Fotografen W. Eugene Smith (1918-1978). Der Dokumentarfilm "The American Sector" erzählt von in den USA verteilten Berliner Mauerteilen. "Persian Lessons" mit Lars Eidinger zeigt den Holocaust aus ungewöhnlicher Perspektive: Ein Gefangener entgeht dem Tod, indem er schwört, kein Jude, sondern Perser zu sein. Um im Lager zu überleben, muss er Farsi unterrichten, ohne es zu beherrschen.

Berlinale Series präsentiert acht Serienpremieren, darunter "Stateless" von Oscar-Preisträgerin Cate Blanchett. In der neuen, kompetitiven Sektion Encounters mit 15 Filmen laufen drei deutsche Beiträge: "Orphea" von Alexander Kluge und Khavn, "Die letzte Stadt" von Heinz Emigholz und das Langfilmdebüt "Nackte Tiere" von Melanie Waelde. Encounters soll nach Worten von Chatrian aufzeigen, wie sich das Kino derzeit verändere und unkonventionelle Filme entstünden. Im Panorama sind das #MeToo-Drama "The Assistant" und ein Porträtfilm über den verstorbenen Künstler Christoph Schlingensief zu sehen.

Ehrenbär für Helen Mirren

Den Goldenen Ehrenbären für ihr Lebenswerk bekommt die britische Schauspielerin und Oscar-Preisträgerin Helen Mirren ("The Queen"), der auch die Hommage gewidmet ist. Eine Berlinale Kamera geht an die Regisseurin Ulrike Ottinger. Der US-Regisseur, Produzent und Drehbuchautor King Vidor (1894-1982) steht im Zentrum der Retrospektive.

Insgesamt sind bei den 70. Internationalen Filmfestspielen Berlin 340 Produktionen zu sehen. Der Ticketvorverkauf startet am 17. Februar.