Eine langsam sterbende, demente Großmutter in der Uckermark und eine queere Wahlfamilie in Berlin: Transmann Markus (Tucké Royale) packt im Film "Neuland" immer wieder die Sehnsucht nach einem Leben fernab der Provinz. Das Werk von Regisseur Johannes Maria Schmitt und Drehbuchautor sowie Hauptdarsteller Royale erhielt am 25. Januar in Saarbrücken den mit 36.000 Euro dotierten Hauptpreis des 41. Filmfestivals Max Ophüls Preis gewonnen. Auch der Preis für den gesellschaftlich relevanten Film in Höhe von 5.000 Euro ging an "Neuland".

"Es gibt Filme, die sind leise, aber sie wirken lange nach", sagte Spielfilm-Jurymitglied und Vorjahressiegerin Susanne Heinrich bei der Preisverleihung. "Wir lernen eine Figur kennen, in der sich verschiedene Welten überlagern." Von einem "barrierefreien Fenster in eine ambivalente Welt" sprach Jurymitglied Jonas Weydemann. "Es ist kein Kitsch. Kein Themenfilm nämlich, sondern einer, der sagt: So ist das Leben."

"Manifest der neuen Selbstverständlichkeit"

Drehbuchautor Royale nutzte die Gelegenheit, um das "Manifest der neuen Selbstverständlichkeit" vorzustellen, zu dem "Neuland" zählt. Es gehe darum, sich selbst anzuerkennen und nicht anzupassen, sich nicht erklären zu müssen und zu bleiben oder zu werden, wer man sein will. Die neue Selbstverständlichkeit sei eine "Absage ans Deportationstheater", welches das Publikum normalerweise dort abhole, wo es steht.

Seit 21. Januar traten 63 Filme in den Wettbewerben an, davon konkurrierten 16 in der Kategorie Spielfilm. Das nach dem in Saarbrücken geborenen Regisseur Max Ophüls (1902-1957) benannten Festival ist eines der bedeutendsten für Nachwuchsfilmer aus Deutschland, Österreich und der Schweiz.

Geschichte einer Flucht

Der Film "Jiyan" von Regisseurin Süheyla Schwenk bekam den Preis der ökumenischen Jury in Höhe von 2.500 Euro. Er erzählt die Geschichte einer syrischen Familie, die nach ihrer Flucht versucht, in Deutschland Fuß zu fassen. Es gehe darum, ankommen zu wollen, aber nicht ankommen zu können, sagte Schwenk. "Jetzt merke ich, dass ich angekommen bin."

Als bester Schauspielnachwuchs wurden Maresie Riegner für ihre Rolle in "Irgendwann ist auch mal gut" und Mehdi Meskar für seine Darstellung in "Nur ein Augenblick" geehrt. Sie erhielten jeweils 3.000 Euro. Riegner konnte wegen einer Theaterprobe in Wien nicht an der Preisverleihung teilnehmen und dankte per Videobotschaft. Meskar erklärte, der Film habe sein Leben verändert.

Publikumspreis für Film über tschtschenische Kinder

Regisseur Arash T. Riahi gewann den mit 5.000 Euro dotierten Publikumspreis für "Ein bisschen bleiben wir noch" über zwei tschetschenische Flüchtlingskinder, die seit sechs Jahren in Österreich leben. In seiner Dankesrede appellierte er an Verleiher, nicht skeptisch zu sein, weil keine bekannten deutschen Schauspieler darin vorkommen oder weil es um eine tschetschenische Familie geht. Der Preis zeige, dass es ein Publikum für einen solchen Filme gebe: "Das Saarland kann nicht lügen."

Ehrengast Heike Makatsch bezeichnete den Schauspielnachwuchs als kompromisslos, eigen, mutig und unangepasst. Sie würde sich freuen, wenn sie sich "in diesem Haifischbecken so unangepasst weiterentwickeln" könnten, sagte die Schauspielerin. Der saarländische Ministerpräsident Tobias Hans (CDU) zog eine Parallele zwischen Regisseuren und Politikern: Beide sollten sich fragen, "ob man es nur wegen des Applauses macht oder ob man versucht, gute Arbeit abzuleisten".

Festivalleiterin Svenja Böttger wünscht sich weiterhin "tolle Einreichungen, aufregende Filme" und "dass wir die Möglichkeit haben, die Filme so zu higlighten, dass sie ins Kino kommen". Saarbrückens Oberbürgermeister Uwe Conradt (CDU) warb dafür, "dass alle Filmschaffenden, die nachwachsen, immer wieder alles neu infrage stellen, dass sie dabei kreativ sind und mutig und unangepasst und ihren eigenen Weg gehen".