Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) warnt vor Rassismus, Antisemitismus, Hass und Gewalt in Deutschland. Sie seien "ein Angriff auf grundlegende Werte, die unsere Gesellschaft tragen", sagte Merkel am 21. Januar in Essen. Damit eröffnete sie die Ausstellung "Survivors. Faces of Life after the Holocaust" im Unesco-Welterbe Zollverein. Anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz-Birkenau am 27. Januar 1945 zeigt die Schau weltweit erstmalig 75 Porträts des Fotokünstlers Martin Schoeller von Holocaust-Überlebenden aus Israel.

Merkel würdigte alle porträtierten Augenzeugen als "Zeugen eines Leids, das niemand ermessen" könne, der die Hölle der Schoah nicht selbst erlitten habe. "Ich bin Ihnen und allen, die die Kraft aufbringen, die Erinnerung wachzuhalten unendlich dankbar", sagte die CDU-Politikerin an den stellvertretend anwesenden 87-Jährigen Naftali Fürst gewandt. Es grenze an ein Wunder, dass es mittlerweile auch in Deutschland wieder jüdisches Leben gebe: "Dieses Vertrauen müssen wir pflegen."

"Gesellschaftliche Aufgabe"

Naftali Fürst, geboren in Bratislava (heute Slowakei), bezeichnete es als seine Pflicht, im Namen aller Ermordeten, die Erinnerung an die Schoah zu bewahren: "Damit sich eine solche Katastrophe nicht wiederholt." Er selbst war als Zwölfjähriger auf einen der Todesmärsche nach Buchenwald geschickt worden. In einer mit viel Applaus bedachten Rede zur Ausstellungseröffnung betonte er, dass sich in seinem Leben von 1945 bis jetzt ein Kreis geschlossen habe, und das sei ein Glück.

NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) rief dazu auf, das Eintreten gegen Antisemitismus "als gesellschaftliche Aufgabe für jeden Einzelnen" zu begreifen. Mit Blick auf den rechtsextremistischen Anschlag auf die Synagoge in Halle im vergangenen Oktober betonte Laschet, es sei "ein Skandal", das es 75 Jahre nach dem Holocaust noch immer nötig sei, Synagogen in Deutschland zu bewachen. Trotz aller Gewalt in der Vergangenheit könne man jedoch sagen: "Das Verbrechen hat nicht gesiegt, jüdisches Leben ist nicht ausgelöscht in Deutschland."

Extreme Frontalansicht

Die Ausstellung des 1968 in München geborenen und in New York lebenden renommierten Fotografen Schoeller zeigt 75 großformatige Porträts. Er setzt bei seinen Porträts eine spezielle Beleuchtung ein und sucht die extreme Frontalansicht. In der Jerusalemer Gedenkstätte Yad Vashem entstanden seine Aufnahmen für das Projekt "Survivors" (Überlebende).

Das Foto- und Ausstellungsprojekt in Kooperation mit der Stiftung Zollverein und dem Ruhr Museum in Essen, das erstmals auf Zollverein gezeigt wird, wurde vom deutschen Freundeskreis von Yad Vashem unter dem früheren "Bild"-Chefredakteur Kai Diekmann initiiert und von der RAG-Stiftung finanziert. Die Ausstellung ist in Essen bis 26. April zu sehen und soll im Anschluss an weiteren Stationen gezeigt werden.