Die Proteste nach dem "Umweltsau"-Lied am 4. Januar in Köln sind teils gewaltsam verlaufen. Im Rahmen von Demonstration und Gegendemonstration in der Innenstadt in Nähe des WDR-Funkhauses leitete die Polizei nach eigenen Angaben in 20 Fällen unter anderem Ermittlungen zu Körperverletzungen, Sachbeschädigungen, Widerstands gegen Polizeibeamte, Verstoßes gegen das Waffengesetz und Diebstahls ein. Vier Demonstranten erlitten leichte Verletzungen. In einem Hotel kam es der Polizei zufolge zu weiteren Auseinandersetzungen zwischen linken und rechtsorientierten Demonstranten. Wegen gefährlicher Körperverletzung wurde ein Ermittlungsverfahren eingeleitet

Rund 50 Demonstranten von vorwiegend rechten Gruppierungen hatten vor dem WDR-Funkhaus demonstriert. Ihr Protest richtete sich gegen Rundfunkgebühren und das satirische "Umweltsau"-Video von WDR2. Die Demonstranten aus dem Umfeld der "Bruderschaft Deutschland", aus AfD-Kreisen sowie Gruppen, die der Identitären Bewegung nahestehen, sahen sich einer Gegendemonstration mit rund 1.500 Teilnehmern gegenüber.

Rechte Demonstranten sprechen von "Propaganda"

Die Kontroverse hatte sich an einer Umdichtung des Kinderlieds "Meine Oma fährt im Hühnerstall Motorrad" zum Jahreswechsel entzündet. Der WDR entschuldigte sich und löschte die auf Facebook verbreitete Aufnahme. Auf dieses Vorgehen gab es ein unterschiedliches Echo. Im Lied, das von einem Kinderchor gesungen wurde, geht es um eine fiktive Oma, die SUV fährt, Kreuzfahrten macht, sich täglich billiges Discounterfleisch brät und im Refrain als "alte Umweltsau" tituliert wird.

Auf ihrer Kundgebung am 4. Januar beklagten die rechten Demonstranten "merkwürdige Posts", die eine ganze Generation verunglimpften. Der WDR diffamiere alte Leute, das Video sei "keine Satire, sondern Propaganda". Die rechten Demonstranten bezogen sich offenbar auch auf einen Tweet eines WDR-Reporters. Er hatte auf Twitter geschrieben, dass die Großmütter derjenigen, die sich über das Umweltsau-Video des WDR aufregen würden, "Nazisäue" gewesen wären. WDR2-Chef Jochen Rausch und auch der betreffende Reporter hatte sich anschließend von dem Tweet distanziert und entschuldigt.

DJV: Journalisten lassen sich nicht einschüchtern

Redner der Gegendemonstration hoben hervor, dass sie sich schützend vor den WDR stellten. Man werde die Bedrohung einer freien unabhängigen Presse nicht hinnehmen. Zugleich forderten sie, das Stattgefundene aufzuarbeiten.

Der Vorsitzende des Deutschen Journalistenverbandes DJV, Frank Überall, warf den rechten Demonstranten vor, die Satire zum Anlass zu nehmen, die Demokratie zu zerstören. Überall: "Sie sind gegen den WDR, gegen Journalisten, gegen das Grundgesetz. Sie treten das Grundgesetz mit Füßen." Zugleich kritisierte Überall WDR-Intendant Tom Buhrow, der das WDR2-Video auf Facebook hatte löschen lassen. "Man muss ein solches satirisches Lied aushalten, auch wenn man Intendant ist", sagte Überall. Satire müsse zuspitzen, müsse wehtun.

Demo auch in Baden-Baden

In Baden-Baden folgten parallel zur Kundgebung in Köln "einige Dutzend" Menschen einem Aufruf des AfD-Landtagsabgeordneten Stefan Räpple zu einer Demonstration gegen den öffentlich-rechtlichen Rundfunk, wie das Boulevardportal Tag24 berichtete. Räpple hatte nach Angaben der Stadt etwa 300 Teilnehmer zur Kundgebung vor dem Funkhaus des Südwestrundfunks (SWR) angemeldet. Auch hier formiert sich Gegenprotest des DJV und eines Bündnisses gegen rechts.

Unterdessen sucht sich der WDR Unterstützung bei einem externen Kommunikationsberater, unter anderem mit Blick auf Diskussionen um die Erhöhung des Rundfunkbeitrags. Am 5. Januar bestätigte der Sender einen Bericht der "Welt am Sonntag" und verweist in einer Stellungnahme auf den ARD-Vorsitz des WDR für die kommenden zwei Jahre. In dieser Zeit sei mit umfangreichen zusätzlichen Kommunikationsmaßnahmen zu rechnen, die deutlich über das übliche Maß hinausgehen, erklärte der WDR. Der Verwaltungsrat habe deshalb bereits im Juni 2019 der Einbindung einer Kommunikationsagentur zugestimmt. Nach einer öffentlichen europaweiten Ausschreibung sei im vergangenen Herbst die Entscheidung für die Agentur "Media 5" gefallen.