Der scheidende NDR-Intendant Lutz Marmor warnt angesichts neuen Spardrucks vor einer Entsolidarisierung in der ARD. Der Vorschlag der Finanzkommission KEF, den Rundfunkbeitrag auf 18,36 Euro zu erhöhen, reiche für die ARD "absolut nicht", sagte der 65-Jährige dem Evangelischen Pressedienst (epd). Ab 2021 müssten die Anstalten noch einmal deutlich kürzen. "Darin liegt Sprengkraft", sagte Marmor: Der Finanzausgleich für die kleineren ARD-Anstalten sei im Senderverbund noch nie leicht gewesen, "das wird jetzt noch schwieriger". Das mache ihm große Sorge.

Auch für den NDR werde die Situation schwierig, da der Sender über wenig Eigenmittel verfüge, sagte der Intendant: "Wir können ja nicht zum WDR gehen und sagen: Gebt uns das Geld, das Ihr gespart habt." Der NDR habe im Wirtschaftsplan für 2020 bereits 30 Millionen Euro eingespart, ab 2021 stehe noch ein deutlich größeres Kürzungspaket bevor.

Er finde es verwunderlich, dass das ZDF bei den Berechnungen der Kommission zur Ermittlung des Finanzbedarfs der Rundfunkanstalten (KEF) für die kommende Beitragsperiode ab 2021 besser wegkomme als die ARD-Anstalten, sagte Marmor. Der Senderverbund habe sich in der Pflicht gesehen, bei den Anmeldungen maßzuhalten, das habe aber nichts genutzt: "Obwohl wir weniger angemeldet haben, sind wir stärker gekürzt worden." Der KEF-Bericht soll im Februar kommenden Jahres veröffentlicht werden.

Plattformen der ARD stärken

Er würde sich wünschen, dass die ARD-Anstalten trotz des Spardrucks "nicht nur regional denken, sondern das Erste und die gemeinsame ARD-Mediathek stark halten", sagte Marmor. Die Intendantinnen und Intendanten hatten im November beschlossen, die großen fünf gemeinsamen Plattformen der ARD - "Tagesschau.de", "Sportschau.de", "Kika.de", die Mediathek und die Audiothek - zu stärken.

Die ARD-Sender müssten aber auch weiterhin starke Angebote in Radio und Fernsehen machen, sagte Marmor: "Die Älteren haben genauso ein Anrecht auf Programm wie die Jüngeren. Ich bin nicht der Meinung, dass wir jetzt alles Lineare streichen sollten. Wir müssen die lineare Stärke nutzen, um den Übergang ins Netz bestmöglich zu schaffen." Der NDR mache "das Programm für die Menschen. Ich wünsche mir, dass das nie vergessen wird."

Marmor, der zwölf Jahre an der Spitze des NDR stand, übergibt sein Amt Anfang Januar an seinen Nachfolger Joachim Knuth. Der in Köln geborene Betriebswirt Marmor war von 1991 bis 2008 Verwaltungsdirektor bei drei ARD-Anstalten, zunächst beim ORB, dann beim NDR und schließlich beim WDR. Der NDR macht Programm für Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen und Schleswig-Holstein. Der Sender nahm 2018 knapp 980 Millionen Euro aus dem Rundfunkbeitrag ein, sein Gesamtetat liegt im kommenden Jahr bei knapp 1,2 Milliarden Euro.