Ein Journalist darf nicht wegen eines AfD-kritischen Artikels als "Gashahnaufdreher" im Nationalsozialismus beschimpft werden. Ein solcher Vergleich sei nicht durch die Veröffentlichung des Journalisten gerechtfertigt, erklärte das Oberlandesgericht Köln in einer am 16. Dezember veröffentlichten Entscheidung (Az: III-1 RVs 180/19). Die Richter werteten die Formulierung als Ehrkränkung.

Der Journalist hatte sich nach Gerichtsangaben unter dem Titel "Versteht es doch endlich: Rechtes Gedankengut darf nicht toleriert werden" in einem Online-Magazin mit dem Auftritt des AfD-Politikers Björn Höcke auf der Frankfurter Buchmesse befasst. Der Angeklagte hatte danach auf seiner Homepage den Journalisten beleidigt, wie das Gericht mitteilte. Der Mann schrieb dabei, der Journalist tue so, als hätten "solche intoleranten Mindertalentierten und Mitläufer wie er", die im Nationalsozialismus "mit absoluter Sicherheit eine Superkarriere als Gashahnaufdreher hingelegt hätten, irgendeine andere stalinistische Kackmeinung als die ihrige je toleriert".

"Ehrkränkung von erheblichem Gewicht"

Das Oberlandesgericht wertete den Vergleich mit "Gashahnaufdrehern" als eine Ehrkränkung von erheblichem Gewicht. Damit sei der Journalist ohne erkennbaren Ansatz in die Gruppe von Menschen mit nationalsozialistischer Gesinnung gerückt worden.

Der Journalist habe ein gesellschaftliches Phänomen angesprochen. Der Angeklagte hingegen habe allein die Person des Journalisten in den Fokus genommen und ihm unterstellt, er wäre im NS-Unrechtsregime "Mitläufer" geworden. Der Artikel des Journalisten sei zudem in Wortwahl und Ausdruck äußerst moderat und sachlich gefasst gewesen. Die Äußerungen des Angeklagten seien in dieser Form weder durch ein "Recht zum Gegenschlag" im geistigen Meinungskampf noch unter dem Aspekt der Kunstfreiheit gerechtfertigt.

Das Oberlandesgericht hob mit seiner Entscheidung einen Teilfreispruch des Landgerichts Bonn auf und verwies den Fall an das Gericht zurück. Das Landgericht hatte den Angeklagten wegen anderer Beleidigungen zu einer Gesamtgeldstrafe von 3.600 Euro verurteilt, den Mann jedoch in diesem Punkt freigesprochen.