Frankfurt a.M. (epd). Grünen-Chef Robert Habeck hat sich dafür ausgesprochen, Tausende Migranten aus den überfüllten Lagern Griechenlands nach Deutschland zu bringen. "Holt als erstes die Kinder raus", sagte Habeck der "Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung". Auf den griechischen Inseln vor der türkischen Küste drängten sich etwa 4.000 Kinder, darunter "viele Mädchen, viele zerbrechliche kleine Menschen". Da sei schnelle Hilfe ein Gebot der Humanität, sagte Habeck. Die Bundesregierung bekräftigte dagegen, sie lehne einen "Alleingang" zur Aufnahme von Flüchtlingen aus Griechenland ab. Auch andere EU-Staaten müssten einen Beitrag leisten.
Habeck sagte, Bundesländer wie Berlin und Thüringen hätten schon erklärt, dass sie zu einer Aufnahme bereit seien, ebenso die grüne Seite der Regierung von Baden-Württemberg und der niedersächsische Innenminister Boris Pistorius von der SPD. Deutschland müsse auch handeln, wenn andere in der EU nicht mitmachten, betonte er. "Es ziehen sowieso nie alle mit."
Lob von Pro Asyl
Die Flüchtlingsorganisation Pro Asyl begrüßte die Forderung Habecks. Es sei "unerträglich dass Tausende Flüchtlingskinder in griechischen Elendslagern vor Kälte, Nässe und Hoffnungslosigkeit zittern, während hier weihnachtliche Urlaubsstimmung einkehrt", sagte Geschäftsführer Günter Burkhardt. Nach seiner Darstellung handelt es sich in vielen Fällen um unbegleitete Kinder, die zu Angehörigen nach Deutschland wollen. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) müsse seinen Urlaub unterbrechen, um sofort diesen Minderjährigen die Einreise nach Deutschland zu ermöglichen, forderte Burkhardt.
Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Stephan Mayer (CSU), erklärte indes, bei einem "Alleingang Deutschlands" zum jetzigen Zeitpunkt würden sich die anderen EU-Länder ihrer Verantwortung entziehen. "Auch andere EU-Länder müssen erkennen und anerkennen, dass sie einen Beitrag zur Unterstützung Griechenlands leisten müssen", sagte er dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland".
Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), forderte eine neue Initiative der EU-Kommission zu einer fairen Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Staaten. "Wünschenswert wäre auch ein neues Schutzprogramm für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge", sagte sie dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland"
Merkel zurückhaltend
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hatte bereits am 18. Dezember zurückhaltend auf die Appelle zur Aufnahme der Kinder reagiert. Deutschland habe eine ganze Reihe an humanitären Gesten gezeigt, müsse aber auch andere europäische Länder überzeugen, dass sie sich beteiligen, erklärte sie im Bundestag. Sie fügte hinzu, dass derzeit Gespräche zu dem Thema geführt würden: "Es gibt noch keine Entscheidung."
Menschenrechtler prangern schon seit Jahren eine verheerende Lage in den Flüchtlingscamps in Griechenland an. Nach Angaben des UN-Flüchtlingshilfswerks UNHCR leben in Lagern auf den Inseln Lesbos, Samos und Kos mehr als 4.400 unbegleitete Kinder "von denen nur jedes vierte altersgerecht untergebracht ist". Demnach sind etwa 500 Kinder mit fremden Erwachsenen in einem großen Lagerzelt im berüchtigten Moria-Camp auf Lesbos untergebracht. Auf Samos wechselten sich mehr als ein Dutzend unbegleiteter Mädchen ab, um in einem kleinen Container zu schlafen, während andere Kinder gezwungen seien, auf Containerdächern zu übernachten. UNHCR nennt diese Bedingungen "äußerst riskant" und appelliert an die europäischen Staaten, die Kinder zügig umzusiedeln.