Die Kritik ist heftig und kommt am Ende eines Jahres, das ganz im Zeichen der Debatte um mehr Klimaschutz stand: Die Deutsche Umwelthilfe wirft zahlreichen Spitzenpolitikern in Bund und Ländern weiterhin zu hohe CO2-Emissionen ihrer Dienstwagen vor. Die Emissionen seien teilweise sogar gestiegen, heißt es in dem am 9. Dezember in Berlin vorgestellten 13. Dienstwagencheck der Umwelthilfe. Besonders kritisiert wird der in der Praxis hohe Spritverbrauch von vermeintlich umweltfreundlichen Plug-In-Hybriden, weil sie vorwiegend im ineffizienten Verbrennermodus gefahren würden.

Keine einzige Karosse der Regierungspolitiker halte den EU-Flottengrenzwert von aktuell noch 130 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer im Realbetrieb ein, sagte die stellvertretende Bundesgeschäftsführerin Barbara Metz. Dies sei eine ernüchternde Bilanz in einem Jahr, in dem Millionen Menschen für den Klimaschutz auf die Straße gegangen seien. Ab dem kommenden Jahr sinkt der EU-Flottengrenzwert für Autohersteller sogar auf 95 Gramm CO2 pro Kilometer.

Schlusslicht Scheuer

Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) fahre dabei mit schlechtem Beispiel im Bundeskabinett voraus, sagte Metz. Sein Dienstwagen - ein Benzin/Elektro-getriebender BMW 745Le xDrive - habe mit 258 Gramm pro Kilometer den höchsten "realen CO2-Ausstoß". Der Normausstoß einschließlich Strommix wird laut Umwelthilfe mit 134 Gramm CO2 pro Kilometer angegeben. Vom Bundesverkehrsministerium gab es auf Anfrage zunächst keine Stellungnahme.

Die Angaben der Umwelthilfe beruhen den Angaben zufolge auf Abfragen bei den Ministerien und eigenen Berechnungen. Insgesamt wurden 245 Bundes- und Landespolitiker zu ihren 237 Dienstwagen befragt. Unter den Länderchefs landet Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister Berlins, wie im Vorjahr auf dem letzten Platz mit "real" 408 Gramm CO2 pro Kilometer. Sein Benzin-betriebener Mercedes-Benz S-Guard 600 Limousine hat laut Umwelthilfe einen offiziellen CO2-Normausstoß von 270 Gramm CO2.

NRW-Landesregierung schneidet ebenfalls schlecht ab

Schlechte Noten erhielt auch die NRW-Landesregierung: Im bundesweiten Vergleich der Dienstwagen auf Umweltfreundlichkeit ist die schwarz-gelbe Regierung eines der Schlusslichter. Nordrhein-Westfalen landete in diesem Jahr mit einem durchschnittlichen CO2-Ausstoß von 241 Gramm pro Kilometer im Realbetrieb auf Platz 14. Noch schlechter schnitten nur Baden-Württemberg und Hessen ab.

Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hingegen landete mit seinem Audi A8 im Ranking der Landesregierungschefs auf einem der besseren Plätze: Mit einem CO2-Ausstoß von 231 Gramm pro Kilometer erreichte er den fünften Platz - direkt hinter seinem baden-württembergischen Amtskollegen Winfried Kretschmann (Grüne). Wie im Vorjahr landete Michael Müller (SPD), Regierender Bürgermeister Berlins, auf dem letzten Platz mit "real" 408 Gramm CO2 pro Kilometer.

Innerhalb der nordrhein-westfälischen Landesregierung führte Finanzminister Lutz Lienenkämper (CDU) mit einem "realen" Ausstoß von 207 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer die Liste an. Auf dem letzten Platz der NRW-Regierung landete Innenminister Herbert Reul (CDU) mit seinem Benziner, der sogar 318 Gramm CO2 pro Kilometer ausstößt.

Umweltministerin Ursula Heinen-Essers (CDU) Dienstwagen, ein von der Umwelthilfe kritisierter Plug-In-Hybrid, verbraucht den Berechnungen zufolge in Wirklichkeit 243 Gramm Kohlendioxid pro Kilometer. Der Normausstoß einschließlich Strommix wird laut Umwelthilfe mit 135 Gramm CO2 pro Kilometer angegeben.

Kritik an Pflug-In-Hybriden

Von den abgefragten Dienstwagen sind 143 Fahrzeuge mit reinem Dieselantrieb, 74 mit Plug-In-Hybridantrieb und 17 Pkw konventionelle Benziner. Erstmals gebe es drei Fahrzeuge mit reinem Elektroantrieb, hieß es weiter.

Metz betonte, Plug-In-Hybride seien als die Antriebsart mit den höchsten Abweichungen zwischen offiziellem und realem CO2-Ausstoß "enttarnt" worden. Die hohen Abweichungen begründet die Umwelthilfe mit der offiziellen Berechnung der Kohlendioxid- und Verbrauchswerte, die aber nicht den realen Bedingungen entspreche. Auch von "Täuschung" und "absurd hohem Spritverbrauch" dieser Modelle ist die Rede.

Deshalb fordert die Umwelthilfe eine andere Förderpolitik. Es könne nicht sein, dass etwa ein mehr als drei Tonnen schwerer "Monster-SUV" wie der BMW X5 mit spritschluckendem Sechszylinder-Benzinmotor und "Alibi-Hybridantrieb" wie ein reines Elektroauto steuerlich begünstigt werde, erklärte Metz.

Angesichts der seit 1990 praktisch unverändert hohen CO2-Emissionen im Verkehrssektor forderte die Umwelthilfe von der Bundesregierung einen radikalen Kurswechsel in der Automobilpolitik hin zu sparsamen Fahrzeugen mit niedrigen CO2-Emissionen und geringem Stromverbrauch bei Elektrofahrzeugen.