Historiker suchen für eine Studie zu den Missbrauchsfällen im Bistum Münster Betroffene und Zeitzeugen als Interviewpartner. Mit Hilfe der Interviews wollten die Forscher Informationen sammeln, die sich in den kirchlichen Akten nur ansatzweise niedergeschlagen hätten, teilte die Universität Münster am 9. Dezember mit. Um Mitarbeit gebeten sind sowohl Opfer sexuellen Missbrauchs durch Priester und Diakone des Bistums Münster in den Jahren 1945 bis 2018 als auch Menschen, die von solchen Taten erfahren haben.

Bei der Untersuchung komme dem Persönlichkeitsschutz der Betroffenen die "höchste Priorität" zu, hieß es. Die Mitarbeiter des vom Bistum selbst in Auftrag gegebenen Forschungsprojekts seien zur Verschwiegenheit verpflichtet. Auskünfte und Interviews werden demnach vertraulich behandelt und alle Informationen werden anonymisiert.

Geklärt werden soll den Angaben zufolge neben der Identität der Täter auch die Frage, welche Situationen und Strukturen die Taten begünstigten. Ebenso gehe es um die Reaktion der Kirchenleitungen, aber auch des Umfelds in den Kirchengemeinden auf die häufig nur angedeuteten Vorwürfe gegen einzelne Priester.

Mit der auf mehrere Jahre angelegten Untersuchung hat das Bistum ein fünfköpfiges Team unter Leitung des Professors für Neuere und Neueste Geschichte beauftragt, Thomas Großbölting. 1,3 Millionen Euro wurden zur Verfügung gestellt, damit die Wissenschaftler die zahlenmäßig noch nicht genau erfassten Missbrauchsfälle aufdecken, analysieren und die Ergebnisse in einer Studie aufbereiten und dokumentieren.

Bei der Vorstellung des Projekts im September hatte Großbölting betont, dass er uneingeschränkten Zugang zu den Personalakten des Bistums habe, genauso wie zur Kommunikation zwischen der Bistumsleitung und den Gemeinden. Ergänzt werden sollen die Forschungen durch Interviews mit den Betroffenen und - soweit es möglich ist - den Beschuldigten. Ergebnisse sollen demnach im Jahr 2022 vorliegen. Ähnliche Studien gebe es in den Diözesen Essen und Paderborn.