Detmold (epd). Im Kreis Lippe wird ein "Ort der Kinderrechte" entstehen. Es ist eines von bundesweit neun Modellprojekten unter dem Titel "Wir gegen sexuelle Gewalt", wie Landrat Axel Lehmann am 20. November in Detmold mitteilte. Voraussichtlich in einem Park in Blomberg sollen verschiedene Stationen spielerisch über Kinderrechte aufklären. Sie sollen Kitas und Schulen als Lernort dienen und Anregungen für weiterführende für Projekte geben. An der inhaltlichen Entwicklung werden Kinder und Jugendliche beteiligt. Im Frühjahr 2020 sollen die Vorschläge umgesetzt werden. Johannes-Wilhelm Rörig, der unabhängige Beauftragte der Bundesregierung für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, wird die Schirmherrschaft übernehmen.
Bundesbeauftragter Rörig wird Schirmherr
Nach dem "Fall Lügde" mit massenhaftem Missbrauch an Kindern habe der Kreis Lippe umfassende vorbeugende Maßnahmen getroffen, sagte Landrat Lehmann. Kinderschutz werde zum Leitziel erhoben. Unter anderem ist der Aufbau einer Kinderschutzambulanz beim Klinikum Lippe geplant. Am 5. September waren zwei Männer zu Freiheitsstrafen von 13 und zwölf Jahren mit anschließender Sicherheitsverwahrung verurteilt worden (AZ: 23 KLs 14/19). Der 56-jährige Andreas V., der auf einem Campingplatz in Lügde lebte, und der 34-jährige Mitangeklagte Mario S. hatten sich in rund 400 Fällen des Kindesmissbrauchs schuldig gemacht.
Auf einer Fortbildung für pädagogische Fachkräfte in Detmold betonte der Bundesbeauftragte Rörig, dass sexuelle Gewalt für viele Tausende Mädchen und Jungen noch immer trauriger Alltag sei. Allein Nordrhein-Westfalen gebe es jährlich 2.500 Verfahren. Die meisten Übergriffe ereigneten sich in Familien, doch auch Grenzverletzungen durch Gleichaltrige und durch die Nutzung digitaler Medien häuften sich.
Rörig: Schulen zu Schutzkonzepten verpflichten
"Im Internet haben wir überhaupt keinen Kinder- und Jugendschutz", kritisierte Rörig und sprach sich gegen eine finanzielle Förderung für Computerspiele aus, solange die keine Schutzfunktion besitzen. "Kinder und Jugendliche müssen auf den Gebrauch digitaler Medien vorbereitet werden, am besten von der Kita bis zur zehnten Klasse." Der Beauftragte kritisierte, dass im milliardenschweren Bildungspakt keine Mittel für medienpädagogische Begleitung vorgesehen seien.
Rörig regte an, Schulen zu Schutzkonzepten zu verpflichten. Auch müsse über Datenschutz neu nachgedacht werden, um Pädosexuellen besser auf die Spur zu kommen. "Politik möchte über das Thema Missbrauch aber eigentlich nicht sprechen. Nur wenn spektakuläre Fälle wie in Lügde oder jetzt in Bergisch Gladbach vorgefallen sind, bewegt sich auch die Politik."
Der Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs ist unabhängig und nicht weisungsgebunden. Lediglich organisatorisch ist das Amt beim Bundesfamilienministerium angesiedelt.