Frankfurt a.M. (epd). Zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse ist der brasilianische Fotograf Sebastião Salgado (75) am 20. Oktober in der Paulskirche mit dem Friedenspreis des Deutschen Buchhandels ausgezeichnet worden. "Seine Bilder entwaffnen, sie stiften Verbindung, Nähe und Empathie", sagte Regisseur Wim Wenders in seiner Laudatio über Salgados Fotografien. Sie seien ein "Werk des Friedens". Die Auszeichnung ist mit 25.000 Euro dotiert.
Die fünftägige Frankfurter Buchmesse ging am 20. Oktober mit einem deutlichen Besucherplus zu Ende. Rund 302.000 Menschen kamen auf das Messegelände. Das entspricht einem Plus von 5,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr, wie die Veranstalter mitteilten. Die Zahl der Fachbesucher lag bei rund 145.000, die Zahl der Privatbesucher an den Publikumstagen am Wochenende bei etwa 158.000.
Auf der weltweit größten Fachmesse für Literatur zeigten 7.450 Aussteller aus 104 Ländern fünf Tage lang ihre Bücher und Publikationen.
"Seher" mit Kamera
In seiner Lobrede zum Friedenspreis kritisierte Regisseur Wenders, dass der Frieden noch immer "hoch auf der Liste der Neujahrswünsche" stehe, aber im Alltag und in der Politik meist "zur Worthülse verkommen" sei. Andere Probleme hätten sich in den Vordergrund geschoben. Der Regisseur nannte dabei "die Klimakatastrophe, die jegliche Zukunft auf dem Planeten verdunkelt," ebenso wie Völkerwanderungen und Fluchtbewegungen, aber auch Ungerechtigkeit, Armut, Hunger und Arbeitslosigkeit. Diese Themen seien jedoch zugleich "Grundbedingungen für Frieden".
Saldago habe sich mit seinem fotografischen Werk eben diesen Themen gewidmet. Wenders erwähnte namentlich Salgados Fotoband "Arbeiter" und hob zudem seine Fotos zum Thema Migration hervor. "Er fotografiert Menschen auf der ganzen Welt, die durch Hunger, Krieg oder Unterdrückung gezwungen sind, die Heimat zu verlassen und sich auf eine Reise ins Ungewisse zu machen." Damit erweise sich der brasilianische Fotograf als ein "Seher, dessen Kamera uns prophetisch den Verlust weiterer Friedensgrundlagen vor Augen führt".
Salgado forderte in seiner Dankesrede dazu auf, "nicht zu verleugnen, was wir einander anzutun fähig sind, weil der Mensch immer des Menschen Wolf ist". Doch die Zukunft liege allein in den Händen der Menschen. "Um eine andere Zukunft zu errichten, müssen wir die Gegenwart verstehen." Seine Fotos zeigten diese Gegenwart: "Und so schmerzhaft der Anblick ist, wir dürfen den Blick nicht abwenden", sagte Salgado.
"Licht auf Ungerechtigkeit werfen"
Sein Werk bezeichnete Salgado als "fotografischen Essay", den er vor 50 Jahren begonnen habe und bis heute weiterschreibe. Seinen Preis wolle er mit all den Menschen teilen, die er ins Zentrum dieses Essays gestellt habe. Sich selbst bezeichnete er als "Sozialfotograf". Es sei seine "Mission, Licht auf Ungerechtigkeit zu werfen". Zugleich räumte er ein, dass seine Fotografien auch "eine ästhetische Dimension" hätten.
Salgado arbeite seit mehr als 40 Jahren zu Themen, die die Menschheit bewegten, fasste der Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, Heinrich Riethmüller, die Gründe für die erstmalige Wahl eines Fotografen zum Preisträger zusammen: Klima, Naturzerstörung, Migration, Arbeitsbedingungen. Er rufe dazu auf, die Schönheit der Welt zu bewahren. Seine Sichtweise sei "eher mit der eines Literaten als mit der eines Berichterstatters vergleichbar.
Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels wird alljährlich zum Abschluss der Frankfurter Buchmesse in der Paulskirche verliehen. Frühere Preisträger waren unter anderen Aleida und Jan Assmann (2018) sowie Margaret Atwood, Carolin Encke oder Navid Kermani.