Pflegebedürftige und ihre Angehörigen sollen künftig besser und umfangreicher über die Qualität von Pflegeheimen informiert werden. Am 1. Oktober startete die Umsetzung des neuen Qualitäts- und Prüfsystems, das den bisherigen Pflege-TÜV ablösen soll. Dessen meist sehr gute Noten waren heftig umstritten. Das alte System sei eine "Farce" gewesen, erklärte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Von dem neuen System, das stärker an den Bedürfnissen der Pflegebedürftigen orientiert sein soll, erhofft er sich mehr Vertrauen in die Pflege. Patientenschützer fürchten aber auch, dass das neue Bewertungsschema unübersichtlich und damit schwierig zu händeln wird für Betroffene.

"Künftig geht es nicht mehr darum, wer die Haken in der Akte am besten macht, sondern darum, wie es den Bewohnern wirklich geht", erklärte Spahn zum Start des neuen Systems. Künftig sollen Ernährung, Körperpflege und Wundversorgung genauer geprüft werden sowie die Anstrengungen einer Einrichtung, die Mobilität ihrer Bewohner zu erhalten oder Druckgeschwüren vorzubeugen. Die Einrichtungen müssen ab sofort zunächst selbst Angaben zur Qualitätssicherung machen, die im Anschluss von einer Datenauswertungsstelle auf ihre Plausibilität überprüft werden. Hinzukommt eine Qualitätskontrolle des Medizinischen Dienstes der Krankenkassen (MDK).

Gesamtnote entfällt

Bis Ende 2020 sollen alle Heime intern und extern geprüft werden. Wie der Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV) in Berlin mitteilte, werden bereits ab Anfang 2020 erste Ergebnisse der MDK-Prüfungen veröffentlicht. Die Ergebnisse werden auf den Seiten der Kranken- und Pflegekassen veröffentlicht und in den Einrichtungen ausgehängt. Sie werden wesentlich detaillierter sein als heute. Auf einzelnen Skalen wird ablesbar sein, wie eine Einrichtung unter einem bestimmten Aspekt abschneidet. Die Gesamtnote entfällt.

Der Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz, Eugen Brysch, erklärte, dies bringe keine schnelle Übersicht. Für eine rasche Vergleichbarkeit bei der Pflegeheimsuche sei eine Gesamtnote notwendig. "Die Menschen brauchen einen Pflege-TÜV, der leicht verständlich ist", sagte er. Die pflegepolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, Kordula Schulz-Asche, forderte, die Ergebnisse müssten zielgruppengerecht aufgearbeitet und schnell erreichbar sein.

Die Leiterin der Abteilung Gesundheit beim Spitzenverband der gesetzlichen Krankenversicherungen (GKV), Monika Kücking, räumte ein, dass das neue System zulasten der Übersichtlichkeit gehen werde. Nach ihren Angaben soll es auf der Internetseite deswegen Suchfunktionen geben, um sich besser durch die Bewertungskriterien navigieren zu können.

Der Abschied vom alten Pflege-TÜV wurde dennoch von allen Parteien als Fortschritt bewertet. Der Linken-Vorsitzende Bernd Riexinger warnte aber, das neue System könne den Konkurrenzdruck auf die Schultern der Pflegekräfte laden. "Außerdem kann dieser TÜV das zentrale Problem in der Pflege nicht lösen: Personalmangel", erklärte er.